Kein Konzept bei der Erbpacht

Nicolas Šustr über Anspruch und Wirklichkeit sozialer Entwicklung

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 2 Min.

Berlin soll nach erklärtem Willen von Rot-Rot-Grün kein Land mehr verkaufen. Wenn also andere beispielsweise Wohnungen neu bauen sollen, so zum Beispiel Genossenschaften, wird die Zurverfügungstellung von entsprechenden Grundstücken nur über die Vergabe von Erbbaurechten möglich sein. Doch ein ernsthaftes Konzept, wie dabei sozialverträgliche Kosten für die Nutzer und Mieter herauskommen sollen, hat der Senat nach wie vor nicht vorgelegt. Denn die Finanzverwaltung fürchtet um die Einnahmen.

Landauf, landab gibt es in der Bundesrepublik fast schon einen Unterbietungswettbewerb bei den Erbpachtzinsen, die Kommunen berechnen. Kein Wunder, einerseits sind die Baukreditzinsen auf historisch niedrigem Niveau, oft liegen sie inzwischen unter einem Prozent. Andererseits sind die Bodenpreise im letzten Jahrzehnt explodiert. Mit Marktpreisen lässt sich auch mit viel gutem Willen keine sozialverträgliche Miete mehr realisieren.

In Berlin gab es 2018 eine halb gare Senkung der Erbpachtzinsen, aber an der Basis, den absurd hohen Bodenrichtwerten, wird nicht gerüttelt. Damit sind schon andere Städte auf die Nase gefallen – sie fanden einfach nicht mehr die gemeinwohlorientierten Akteure, die zu vernünftigen Mieten Wohnraum erstellen konnten.

München hat dann die Notbremse gezogen und halbiert den spekulativen Bodenrichtwert nun vor der Berechnung der Erbpacht. Dort hat man sogar erkannt, dass man jenseits der meist auf 20 oder 30 Jahre begrenzten Fristen die Sozialbindung des Wohnraums auf die komplette Frist des Pachtvertrags ausdehnen kann – bis zu 99 Jahren. Ein Pilotprojekt dieser Art ist in Berlin in Vorbereitung.

Es gibt noch vieles Liegengebliebene vor der Wahl im Herbst abzuräumen. Ein sozialverträgliches Erbpachtkonzept gehört dazu. Die Koalition muss hier noch liefern.

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