Streiken geht auch im Homeoffice

Arbeitgeber mauern bei den Tarifverhandlungen in der Metall- und Elektroindustrie

  • Simon Poelchau
  • Lesedauer: 3 Min.

Ein Durchbruch bei den Tarifverhandlungen der Metall- und Elektroindustrie diesen Montag in Düsseldorf ist eher unwahrscheinlich. Zumindest legen dies die Signale nahe, die die Verhandlungsparteien zuletzt aussendeten. »Null Komma null ist keine Verhandlungsbasis«, sagte IG-Metall-Chef Jörg Hofmann der »Bild am Sonntag«. Man wolle bis Ostern zu einem Ergebnis kommen. Aber die Arbeitgeber müssten jetzt endlich ein Angebot vorlegen.

In Düsseldorf wird der Tarifvertrag für das Gebiet Nordrhein-Westfalen verhandelt. IG Metall und auf der Arbeitgeberseite der Verband Metall NRW gehen in die fünfte Verhandlungsrunde. Der Tarifbezirk gilt als Pilotbezirk für eine Einigung, die dann auch in den anderen Gebieten übernommen werden könnte. Die Forderungen der IG Metall sind für ihre 3,8 Millionen Beschäftigten bundesweit im Grunde überall gleich.

Spaß und Verantwortung

Olga Hohmann versteht nicht, was Arbeit ist und versucht, es täglich herauszufinden. In ihrem ortlosen Office sitzend, erkundet sie ihre Biografie und amüsiert sich über die eigenen Neurosen. dasnd.de/hohmann

Die Gewerkschaft verfolgt eigenen Angaben zufolge bei den Verhandlungen drei Ziele: Beschäftigung sichern, Zukunft gestalten, Einkommen stabilisieren. Dafür fordert sie vier Prozent mehr Lohn, die aber je nach Situation im Betrieb auch zur Finanzierung von Maßnahmen der Beschäftigungssicherung eingesetzt werden können. Mit Zukunftstarifverträgen will die IG Metall den Arbeitgebern Zusagen für Investitionen, Standorte, Beschäftigung und Qualifizierung abringen.

Doch die Arbeitgeber mauern bisher. Sie wollen frühestens 2022 mehr Geld geben und argumentieren mit der Coronakrise. »Es wäre unverantwortlich, den teilweise um ihre Existenz kämpfenden Betrieben in diesem Jahr zusätzliche Kostenbelastungen zuzumuten«, sagte der Hauptgeschäftsführer von Metall NRW, Luitwin Mallmann, am Freitag. Die IG Metall müsse sich klarmachen, »dass wir nach wie vor richtig Druck auf dem Kessel haben«.

Allerdings können auch die Beschäftigten Druck machen. Seit dem Ende der Friedenspflicht Anfang März folgten bundesweit 410 000 Beschäftigte den Aufrufen der IG Metall und beteiligten sich an Warnstreiks. Die Gewerkschaft führte insgesamt weit über 1500 betriebliche Aktionen durch. Allein am vergangenen Freitag streikten nach ihren Angaben rund 61 200 Beschäftigte aus mehr als 250 Betrieben. Der Schwerpunkt lag dabei in Baden-Württemberg, wo sich 29 150 Beschäftigte aus 156 Betrieben beteiligten. »Die hohe Beteiligung zeigt deutlich: Die Beschäftigten stehen sehr klar hinter den Forderungen«, kommentierte IG-Metall-Chef Hofmann. Zudem ist die starke Streikbereitschaft für ihn ein Zeichen, dass seine Gewerkschaft auch in Corona-Zeiten handlungsfähig ist.

Denn pandemiebedingt kann die IG Metall nicht wie gewohnt mobilisieren und muss auf große Demonstrationen verzichten. Dafür erprobt sie neue Aktionsformen. Eine davon ist der Autokorso. In dieser Form demonstrierten zum Beispiel vergangenen Donnerstag rund 1000 Beschäftigte des Leipziger Porsche-Werks für ihre Forderungen. »Wir machen heute Krach – damit machen wir sie wach«, lautete ihr Motto. »Auch unter Corona-Bedingungen zeigen die Beschäftigten, dass sie bereit sind, mit kreativen Aktionen für ihre Forderung zu kämpfen«, erklärte Bernd Kruppa, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Leipzig.

Unterdessen zeigt die Gewerkschaft auch, wie man von zu Hause aus für die Tarifforderungen demonstrieren kann. In Baden-Württemberg organisierte sie am Freitag einen digitalen Warnstreik. Tausende Beschäftigte hatten sich dafür am Vormittag in einen Livestream eingewählt. Streiken geht also auch im Homeoffice.

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