Der Sohn brach den Kontakt zum Vater ab
änderung des Testaments rechtens?
Ein Ehepaar hatte 1999 ein gemeinschaftliches Testament verfasst. Darin setzten sich die Partner gegenseitig als Erben und ihren Sohn als Schlusserben ein. Zudem regelten sie, dass das Testament geändert werden könne, sollte der Sohn den familiären Zusammenhalt in Frage stellen.
Den Familienfrieden störte aber nicht der Sohn, sondern der Vater, der 2004 ein Liebesverhältnis mit der Schwester seiner Frau aufnahm. Darunter litt die Ehefrau. Der Sohn hielt zu ihr, bis sie im Mai 2013 starb. Monate später verfasste der Vater ein neues Testament: Danach sollten sein Sohn und seine Geliebte jeweils die Hälfte des Vermögens erben. Die Änderung begründete er damit, dass der Sohn den Kontakt zu ihm abgebrochen habe.
Nach dem Tod des Vaters pochte der Sohn auf das gemeinschaftliche Testament und beantragte einen Alleinerbschein. Während das Amtsgericht urteilte, das Vermögen sei aufzuteilen, entschied das Oberlandesgericht Bamberg (Az. 3 W 43/20) zu Gunsten des Sohnes. Die vom Witwer vorgenommene Änderung des gemeinschaftlichen Testaments der Eheleute sei unwirksam. Auf den Änderungsvorbehalt im Testament könne sich die als Erbin vorgesehene Geliebte nicht berufen, schließlich habe nicht der Sohn den Familienkonflikt ausgelöst. Mit dem Kontaktabbruch habe er auf den jahrelangen Ehebruch des Vaters reagiert. Für so einen Fall sei der Änderungsvorbehalt im Testament nicht gedacht gewesen. Ganz sicher habe die Ehefrau ihrem Mann damit nicht die Möglichkeit eröffnen wollen, seine Geliebte als Erbin einzusetzen und dem Sohn die Hälfte des Vermögens vorzuenthalten.
Dass der Vater den familiären Zusammenhalt aufgekündigt habe, hätte das Amtsgericht nicht ignorieren dürfen. Es wäre Sache des Vaters gewesen, auf den durch den Ehebruch tief verletzten Sohn zuzugehen und sich mit ihm zu versöhnen. OnlineUrteile.de
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