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Befremdliche Bilder
Der Machtkampf beim Deutschen Fußball-Bund eskaliert
Es ist fürwahr noch ein imposantes Schauspiel, wenn sich der Tross rund um die deutsche Nationalmannschaft von A nach B begibt. Obwohl die Arenen garantiert staubefreit sind, weil keine Zuschauer kommen dürfen, fährt an Spieltagen vor der Kolonne eine Polizeieskorte mit Blaulicht. Vergangenen Mittwoch bogen vor dem WM-Qualifikationsspiel gegen Island (3:0) in Duisburg erst die beiden Mannschaftsbusse um die Ecke, dann folgten mehr als ein Dutzend schwarzer Vans, die im direkten Gefolge von der Schnellstraße kamen. Dann ging es die Rampe vor die Haupttribüne runter - tatsächlich schwenkten einige wenige Fans sogar noch ihre Deutschland-Flaggen - dann spuckten die Fahrzeuge ihre Insassen aus: Spieler, Trainer, Betreuer - und jene Funktionäre, die beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) teils heillos zerstritten sind.
Zwei Lager stehen sich gegenüber wie Kämpfer beim mittelalterlichen Ritterturnier. Nur das jetzt keine erhobene Lanzen, sondern durchgestochene Interna die Waffen sind. Hier Präsident Fritz Keller. Dort Vizepräsident Rainer Koch, Generalsekretär Friedrich Curtius und Schatzmeister Stephan Osnabrügge. Für den RTL-Fernsehexperten Uli Hoeneß ist das gerade »ein Trauerspiel, was da abgeht«. Seine Zustandsbeschreibung: »Die streiten ja wie die Besenbinder. Es geht um Postenschacherei und Macht.« Keller sei aus seiner Sicht »der Leidtragende«. Denn: General Curtius sei »völlig überfordert«; Vize Koch glaube, »dass er der geeignete Präsident wäre«, und Finanzmann Osnabrügge sei ja eigentlich ein »Arbeitsrechtler« - also auch falsch.
Es dauerte nicht lange, da hatte der DFB »die subjektiv motivierten pauschalen persönlichen Angriffe« zurückgewiesen. Der hinter der Dauerfehde liegende Sachverhalt ist mittlerweile arg kompliziert. Ein Miteinander scheint nicht mehr möglich. Bei den jüngsten Auftritten des Nationalteams der Frauen im Februar brachten es die verfeindeten Präsidiumsmitglieder fertig, getrennt zuzuschauen: Keller kam nach Aachen zum ersten deutschen Länderspiel gegen Belgien, Curtius nach Venlo zur zweiten Partie gegen die Niederlande. So ging man sich auch auf den Ehrentribünen aus dem Weg, obwohl im Geisterspielbetrieb ohnehin genügend Platz wäre.
Den Wochenendtrip zum WM-Qualifikationsspiel der Männer nach Bukarest machten jetzt nur Keller und Koch mit, sie gehen sich immerhin nicht ganz so frontal an wie Präsident und Generalsekretär. Jüngster Höhepunkt in deren Grabenkampf war die fristlose Kündigung für Samy Hamama, dem Leiter des Präsidentenbüros. Der früher beim Weltverband Fifa angestellte Hamama, 36, international bestens verdrahtet, war für Keller eigentlich unverzichtbar. Doch die Personalverantwortung oblag seinem Gegenspieler Curtius, der den Rauswurf angeblich deshalb initiierte, weil sich Hamama einen Beratervertrag verschaffte, der vielen als Schüssel für die ständigen Lecks aus dem engsten Zirkel gelten. Wieso sind seit einer Steuerrazzia im Herbst vergangenen Jahres so viele pikante Details öffentlich geworden, die gerade den Chef diskreditiert haben?
Dass ein machtvoller Klüngel es offenbar unterschätzt hat, wie viele Ungereimtheiten der ehemalige Präsident des SC Freiburg beim DFB trotz beschnittener Richtlinienkompetenz auf den Grund gehen möchte, gilt vielen als Ursache des Zoffs. Wer weiß was? Wer bestimmt was? Die ungeklärten Machtfragen könnten noch knifflig werden. Bei der Besetzung des neuen Bundestrainers hat zwar Nationalmannschaftsdirektor Oliver Bierhoff formal die Hoheit, aber bewusst angekündigt, mit den Spitzenleuten im Düsseldorfer Mannschaftshotel zu sprechen. Was aber, wenn auch hier der Bruch zum Vorschein kommt?
Interessant könnte die noch nicht vom Tisch gewischte Variante mit dem ungebundenen Ralf Rangnick sein, der eine Kompetenzbeschneidung Bierhoffs bedeuten könnte. Hoeneß regte bereits an, durch Löws frühe Entscheidung gleich auch die Führungsstruktur zu überdenken. Dabei hat sich der Verband auf Curtius‘ Initiative erst 2018 eine neue Gesamtstruktur gegeben. Die Liga will unbedingt verhindern, dass der argwöhnisch beäugte Generalsekretär auch noch die neue DFB GmbH leitet, in denen sich der millionenschwere Geschäftsbetrieb bündelt. Auch unter diesem Aspekt ist die bajuwarische Attacke zu verstehen gewesen.
Nichts mehr kann Hoeneß dagegen ausrichten, dass Koch beim nächsten Kongress des europäischen Verbandes Uefa im April vermutlich als Amtsinhaber im Exekutivkomitee bestätigt wird und der beim FC Schalke 04 nicht durch übermäßige Weitsicht aufgefallene Multifunktionär Peter Peters tatsächlich einen Posten im Fifa-Rat erhält. Der von Hoeneß alternativ für beide Posten vorgeschlagene Karl-Heinz Rummenigge wäre möglicherweise besser geeignet, hat aber gar kein Interesse. Überdies sind die Nominierungsfristen abgelaufen. Der Rundumschlag sollte daher wohl nur der Öffentlichkeit zeigen, dass es aus Sicht des FC Bayern nicht die Richtigen sind, die bald für die nächsten vier Jahre den deutschen Fußball in den internationalen Gremien repräsentieren.
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