Chinas neue Freunde

Pekings Außenminister festigt den Einfluss der Volksrepublik im Mittleren Osten

  • Fabian Kretschmer, Peking
  • Lesedauer: 3 Min.

Allein die schiere Dimension des Abkommens dürfte in Washington die Alarmglocken schrillen lassen: Auf 25 Jahre ist die neue »strategische Partnerschaft« zwischen Peking und Teheran angelegt, rund 400 Milliarden Dollar soll China im selben Zeitraum in iranische Infrastruktur investieren. Im Gegenzug gewährt Iran vergünstigten Zugang zu Öl. Auch eine Zusammenarbeit auf militärischem Gebiet soll geplant sein. Um möglichen US-Sanktionen aus dem Weg zu gehen, setzten beide Seiten zudem die Gründung einer iranisch-chinesischen Bank auf.

Bis Dienstag befindet sich Pekings Außenminister Wang Yi auf einer einwöchigen Tour durch den Mittleren Osten. Während seine Vertragsunterzeichnung in Teheran besondere Medienaufmerksamkeit generiert, spiegeln doch sämtliche sechs Staatsbesuche die zunehmende Bedeutung wider, die die Volksrepublik der Region beimisst. Ob Saudi-Arabien, Türkei, Iran, Vereinigte Arabische Emirate, Oman oder Bahrain: Zu allen Regierungen pflegt China gute Beziehungen. Das ist umso erstaunlicher angesichts der Menschenrechtsverletzungen Pekings gegen die muslimische Minderheit in Xinjiang.

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Doch die wirtschaftlichen Interessen überwiegen längst. Schließlich ist China mittlerweile größter Auslandsinvestor in der Region. Mehrere Länder lassen sich vom Telekommunikationsausstatter Huawei das 5G-Netz liefern und über Chinas »Belt and Road«-Initiative die Häfen und Bahnstrecken modernisieren.

Peking hat sich zudem als zuverlässiger Partner erwiesen, insbesondere während der Corona-Pandemie: So schickte die Volksrepublik nicht nur Schutzmasken in die Region, sondern liefert derzeit auch Impfdosen sowohl an Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate, die seither pro Kopf gerechnet bei der Durchimpfung ihrer Bevölkerung zur globalen Spitzengruppe zählen.

Für China hingegen geht es auch um das Schmieden neuer Allianzen. Mit ihrer langfristigen Strategie befindet sich die Volksrepublik in einem grundlegenden Transformationsprozess, der vor allem darauf abzielt, gegen mögliche Sanktionen der USA gewappnet zu sein. Peking arbeitet mit seiner staatlichen Digitalwährung an einer Alternative zum US-Dollar, möchte mit dem Aufbau einer eigenen Halbleiterindustrie unabhängig von US-Importen werden und seine Volksbefreiungsarmee in den nächsten 15 Jahren auf Augenhöhe mit den Streitkräften der Vereinigten Staaten wissen.

Für die Autarkie gegenüber dem Westen sind die nun gesicherten Ölimporte rund um den Persischen Golf unabdingbar. Schon in den vergangenen Monaten sind Pekings Importe des schwarzen Golds aus dem Iran auf den höchsten Wert seit Implementierung der US-Sanktionen unter Donald Trump gestiegen. Der Iran steckt unter anderem wegen der 2018 verhängten Sanktionen in einer akuten Wirtschaftskrise, die sich durch die Corona-Pandemie noch verschärft hat.

Auf den ersten Blick also mag der Eindruck entstehen, dass ein zum Westen antagonistischer Block unter Chinas Führung erstarkt. Denn während der Konflikt der zwei führenden Weltmächte China und USA zu einer zunehmenden Entfremdung führt, sucht Peking den Schulterschluss mit Russland und dem Iran.

Doch darum gehe es China keineswegs, sagt Außenpolitikexperte Ruan Zongze, Vizedirektor vom China Institute for International Studies: Die Staatsführung signalisiere mit Wang Yis Teheran-Besuch, dass man auf eine Rückkehr zum Atomdeal zwischen dem Iran und den Vereinigten Staaten unter dem neuen Präsident Joe Biden hofft.

Tatsächlich halten sich nach wie vor viele chinesische Investoren zurück, ihre Geschäfte mit dem Iran allzu offen nach außen zu tragen. Die Angst vor Wirtschaftssanktionen aus Washington wiegt noch immer zu schwer. Ein warnendes Beispiel lieferte Meng Wanzhou, Tochter des Huawei-Gründer Ren Zhengfei, die in Kanada wegen angeblicher Missachtung der einseitig verhängten Sanktionen in ihrer Wahlheimat Kanada verhaftet wurde.

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