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Widerspruch des 21. Jahrhunderts
Simon Poelchau über Gewerkschaftskämpfe bei Amazon
»Alle Räder stehen still, wenn dein starker Arm es will« heißt eine Losung aus der Frühzeit der deutschen Gewerkschaftsbewegung. Nun, über 150 Jahre später, scheint es so, als fänden die meisten Streiks mitnichten noch in der Fabrik statt. Zumindest bestreikt die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi seit nunmehr acht Jahren in regelmäßigen Abständen den Onlinehändler Amazon.
Das ist bei Weitem nicht die einzige Auseinandersetzung, die der US-Onlineriese mit Gewerkschaften derzeit hat. In Italien etwa legten sie jüngst einen Tag lang die gesamte Lieferkette lahm, um ihrer Forderung nach höheren Löhnen Nachdruck zu verleihen. Vor allem aber könnte in der Heimat des Internetwarenhauses, den USA, bald die gewerkschaftsfreie Zeit enden.
Dass überall auf der Welt Arbeitskämpfe bei Amazon stattfinden, ist kein Zufall. In dem Konzern spiegeln sich die Widersprüche des 21. Jahrhunderts. Auf der einen Seite steht ein Internetriese, der global aktiv ist, aggressiv Steuern vermeidet und seinen Gründer zum reichsten Mann der Welt gemacht hat. Auf der anderen Seite steht eine globale Arbeiter*innenschaft - zum Teil gut bezahlte IT-Kräfte, überwiegend aber mies entlohnte Logistikangestellte.
Dass rund um den Globus gekämpft wird, liegt daran, dass die Arbeitsbedingungen überall miserabel sind. Denn der Handelskonzern ist erst wegen seiner Angestellten- und Gewerkschaftsfeindlichkeit so groß geworden. Das ist eine Eigenschaft, die Amazon mit den großen Konzernen des 19. Jahrhunderts gemein hat. Doch im Gegensatz zu diesen bekommen die Amazon-Beschäftigten es blitzschnell mit, wenn die Kolleg*innen am anderen Ende der Welt streiken, und können sich so miteinander solidarisieren. Möglich macht dies das Internet, auf dem das Amazon-Geschäftsmodell beruht.
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