Im Regelfall den Impfstoff selbst wählen
fragen & antworten rund um die coronavirus-impfung
Worin unterscheiden sich die Impfstoffe?
Seit Dezember 2020 wird in Deutschland der Biontech/Pfizer-Impfstoff verimpft, im Januar 2021 folgten die Zulassung des Moderna- und AstraZeneca-Präparats. Die Zulassung des vierten Impfstoffs des US-Unternehmes Johnson & Johnson durch die Europäische Arzneimittel-Agentur EMA erfolgte vor drei Wochen.
Die Corona-Impfung ist freiwillig. Wer sich nicht impfen lassen möchte, muss das nicht tun. Doch die meisten Mediziner raten, sich zu immunisieren. Denn nur wenn sich eine breite Masse impfen lässt, kann der Effekt der Herdenimmunität erzielt werden. Eine Durchimpfungsrate von 60 bis 70 Prozent ist nach Ansicht von Experten der WHO für eine wirkungsvolle Bekämpfung der Corona-Pandemie nötig.
Die vier Impfstoffe Moderna, Biontech/Pfizer, AstraZeneca und Johnson & Johnson unterscheiden sich in ihrer Wirksamkeit. Die Impfungen von Moderna und Biontech/Pfizer entfalten einen Impfschutz von 86 bis 96 Prozent. Allerdings ist für den Impfschutz auch das Alter des Geimpften zu berücksichtigen. So soll der Biontech-Impfstoff in der Gruppe der Über-65-Jährigen bessere Impferfolge erzielen als der Moderna-Wirkstoff. Ersterer soll eine Wirksamkeit von mehr als 94 Prozent entfalten, beim Moderna-Impfstoff liegt dieser Wert bei 86 Prozent. Bei Menschen zwischen 18 bis 64 Jahren bietet der Moderna-Impfstoff einen leicht besseren Schutz vor Covid-19 (96 Prozent) als das Biontech-Präparat (95 Prozent).
Der Johnson & Johnson-Impfstoff hat den Vorteil, nur einmal statt zweimal verimpft zu werden. Er kann ebenso wie AstraZeneca im Kühlschrank gelagert werden. Nach Angaben des Herstellers in den USA wird der Impfstoff für 200 Millionen Menschen an die EU geliefert, davon 36,7 Millionen an Deutschland.
Die Nebenwirkungen bei Biontech und Moderna dauern meist seltener als drei Tage an. Genannt werden Schmerzen an der Einstichstelle, Abgeschlagenheit, Kopf-, Gelenk- oder Muskelschmerzen, Übelkeit und Erbrechen.
Der AstraZeneca-Impfstoff ist umstritten - warum?
Der medizinisch umstrittene Impfstoff AstraZeneca wurde anfangs nur für Personen von 18 bis 64 Jahren und Anfang März von der Stiko auch für die Altersgruppe ab 65 Jahren empfohlen. In der Folgezeit wurden bei diesem Impfstoff des britisch-schwedischen Unternehmens aber mehr Verdachtsfälle auf Nebenwirkungen gemeldet. So traten bei Geimpften Blutgerinsel und in der Folge durch Thrombose sogar Todesfälle auf. Daraufhin stoppte eine Reihe von Ländern, darunter Dänemark, Frankreich, Österreich, Italien, Spanien, Portugal, Norwegen und die Niederlande die Impfung mit AstraZeneca. Auch in Deutschland, wo es inzwischen 13 Thrombosefälle (12 Frauen, ein Mann) gegeben hat und drei Patienten verstarben, wurde AstraZeneca vorsorglich aus dem Verkehr gezogen.
Inwieweit die Krankheits- und Todesfälle in einem kausalen Zusammenhang mit dem Impfstoff stehen, ist nach wie vor nicht eindeutig geklärt. Das Paul-Ehrlich-Institut rät, sich in ärztliche Behandlung zu begeben, wenn man sich mehr als vier Tage nach der Impfung unwohl fühlen sollte oder bei starken oder anhaltenden Kopfschmerzen oder punktförmigen Hautblutungen.
Nach einer inzwischen vorgenommenen erneuten Bewertung des Impfstoffes durch die EMA, die dabei feststellte, dass die Risiken geringer seien als der Nutzen, wird AstraZeneca auch wieder in Deutschland verimpft. Allerdings müssen die Impfwilligen vorher auf die Risiken bei diesem Impfstoff hingewiesen werden.
Kann ich selbst den Impfstoff bestimmen?
Hierzu gibt es unterschiedliche Aussagen. Weitgehend gilt, dass die Bürgerinnen und Bürger die Freiheit haben sollen, selbst entscheiden zu können, mit welchem Impfstoff sie geimpft werden wollen. Zudem besteht zurzeit eine Sortierung der Impfzentren nach den jeweiligen Impfstoffen. Bei der Terminanmeldung kann man also selbst bestimmen, in welches Zentrum man gehen will - und damit eben auch selbst auswählen, welches der zugelassenen Mittel man dort bekommt.
Das Wahlfreiheit sieht allerdings der Bundesgesundheitsministers Jens Spahn anders. Er hat wiederholt erklärt, dass es keine Wahlmöglichkeit für Bürger*innen gebe. Zumindest aktuell sei man nicht in der Lage, »das Angebot zu machen, dass man sagen kann: Ich will Moderna oder Biontech«. Das läge in erster Linie an der Knappheit der Impfstoffe. Welches Medikament verimpft wird, richte sich logischerweise nach der Verfügbarkeit des Impfstoffs.
Was besagt nach viel Streit die neue Teststrategie?
Nach viel Protest und auch Streit ist unter anderem die Berufsgruppe der Lehrer und Erzieher für die Corona-Impfung weiter vorgezogen worden. Zuletzt hatten Bund und Länder einen Stufenplan für mehr Öffnungen bei den Corona-Einschränkungen vereinbart, flankiert von mehr Impfungen und Tests.
Zur stufenweisen Lockerung der Corona-Schutzmaßnahmen wird vor allem auf mehr Schnell- und Eigentests (siehe nd-Ratgeber vom 24. März 2021, Seite 1) sowie auf ein höheres Impftempo gesetzt. Das Bundesgesundheitsministerium versicherte, dass ausreichend Tests zur Verfügung stünden.
Grundsätzlich sollen alle Bürger*innen ab 8. März Anspruch einmal pro Woche auf regelmäßige und kostenlose Schnelltests haben, der von geschultem Personal durchgeführt wird. Arbeitgeber wurden angehalten, Tests für ihre Arbeitnehmer*innen bereitzustellen. In Schulen und Kitas soll künftig regelmäßig getestet werden. Die ersten Selbsttests wurden Anfang März zugelassen. Sie sind in Apotheken und im Einzelhandel erhältlich.
Ab wann kann ich mich vom Hausarzt impfen lassen?
Die Hausärzte sollen flächendeckend am 5. April, also nach Ostern, mit dem Impfen beginnen können. Dafür steht den Hausärzten eine Million Dosen pro Woche bereit. Aufgrund der zunächst noch geringen Liefermenge sind pro Woche nur rund 20 Impfdosen pro Praxis für die rund 50 000 Hausarztpraxen vorgesehen. Bis Ende April/Anfang Mai sollen sich 80 000 bis 100 00 Arztpraxen am Impfen beteiligen.
Laut Empfehlung der Gesundheitsminister sollen die Impfzentren im April mit 2,25 Millionen Impfdosen pro Woche beliefert werden. Der darüber hinaus verfügbare Impfstoff soll an die Arztpraxen gehen. In Berlin ist der Start Mitte April in rund 100 Hausarztpraxen vorgesehen. Die Hausärzte sollen allerdings sicherstellen, dass die korrekte Impfreihenfolge eingehalten wird.
Dass die Hausärzte nicht eher bei den Impfungen eingesetzt worden sind, ist dem Umstand geschuldet, dass nicht genug Impfstoff zur Verfügung stand. Inzwischen hat die EMA mitgeteilt, dass der Biontech-Impfstoff in den Arztpraxen zwei Wochen lang unter Gefrierschrank-Temperaturen von minus 25 bis minus 15 Grad gelagert werden kann,
Kritisiert wird von den Ärzten der hohe bürokratische Aufwand. Sie fordern, dass die Dokumentationspflichten bei Impfungen und Tests möglichst gering gehalten sein müssen, sonst bleibe für den Praxisbetrieb noch weniger Zeit.
Wie ist der russische Impfstoff Sputnik zu bewerten?
Der Stiko-Vorsitzende hat den im Staatlichen Institut für Epidemiologie und Mikrobiologie in Moskau entwickelten russischen Impfstoff Sputnik V als »guten Impfstoff« gelobt, der irgendwann auch in der EU zugelassen werde. Über den Einsatz in Deutschland machte er keine Angaben.
Der Stiko-Chef zeigte sich dagegen »sicher«, dass es auch bald Corona-Impfstoff für Kinder geben werde. Derzeit untersuchen Hersteller in Studien, wie ihre Mittel bei Kindern wirkten. Vielleicht könne man Ende des Jahres mit der Impfung der Kinder beginnen.
nd-Ratgeberredaktion mit Agenturen (Stand 29. März 2021)
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft
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