Was sind die Unterschiede im Impfdickicht?

fragen & antworten: Impfungen gegen Corona, Grippe, Masern

  • Lesedauer: 3 Min.

Auskunft gibt der Infektionsimmunologe Christian Bogdan (Erlangen), Mitglied der Ständigen Impfkommission (Stiko) am Robert Koch-Institut.

Wie wichtig ist die Wirksamkeit beim Impfstoff gegen Corona?

Trotz unterschiedlicher Impfstofftechnologien lösten alle drei Vakzine letztlich eine Immunantwort gegen die gleiche Viruskomponente aus. Die Hersteller von Biontech/Pfizer und Moderna geben die Wirksamkeit ihrer Impfstoffe mit über 90 Prozent an. Mit zwölf Wochen Abstand zwischen der ersten und zweiten Impfung kommt der AstraZeneca-Impfstoff auf 80 Prozent. Zu bedenken ist, dass alle drei Impfstoffe bisher weder in einer gemeinsamen Studie miteinander verglichen noch in ein und derselben Population untersucht wurden. Beim AstraZeneca-Impfstoff bestand die Zulassungsstudie aus vier Teilstudien in drei verschiedenen Ländern auf drei Kontinenten mit ungleich verteilten Altersgruppen. Das erschwert die Dateninterpretation.

Wie unterscheiden sich die Impfstoffe gegen das Coronavirus von schon länger verwendeten Impfstoffen beispielsweise gegen Grippe?

Die Corona-Impfstoffe gehören wie die meisten Grippe-Impfstoffe zur Gruppe der Totimpfstoffe. Die Benutzung von Boten-Ribonukleinsäure (mRNA) als Impfstoff ist aber ein neues Prinzip, bei dem die mRNA als Bauanleitung für die Viruskomponente direkt in den Zellen wirkt und dort zunächst als fremd erkannt wird. Das führt zur initialen Impfreaktion. Danach wird sehr wirksam eine Antikörper- und T-Zell-Immunantwort gegen die Viruskomponente aufgebaut. Die neuen Impfstoffe lösen also einerseits eine starke Immunantwort aus und sind andererseits sehr reaktogen, das heißt: Es gibt vorübergehende Nebenwirkungen in Form von Schmerzen an der Injektionsstelle, Kopf- und Muskelschmerzen sowie Fieber. Diese Reaktionen sind stärker als bei der Grippe-Impfung.

Warum sind Grippe-Impfstoffe weniger wirksam als Corona-Impfstoffe?

Grippeimpfstoffe sind Totimpfstoffe, die aus Virusfragmenten bestehen. Der Grippeschutz erreicht selten über 60 Prozent an Wirksamkeit. Diese Variabilität wird nicht durch eine grundsätzlich geringe Immunantwort ausgelöst, sondern liegt daran, dass zum Zeitpunkt der Impfstoff-Herstellung nur durch stichprobenartige Erhebungen vermutet werden kann, mit welchen Influenzaviren in der Wintersaison zu rechnen ist. Die Impfstoff-Zusammensetzung beruht deshalb auf Analysen im Vorfeld. Wenn sich die zirkulierenden Influenzaviren aber in der Zwischenzeit verändern oder unbekannte Virustypen auftreten, ist die Schutzwirkung des bekannten Impfstoffs geringer.

Warum sind Masern-Impfungen im Vergleich dazu so erfolgreich?

Der Masern-Impfstoff ist so erfolgreich, weil er ein lebendes Virus enthält. Es kann sich vermehren, aber es hat durch vorherige Passagen in Zellkulturen an krankmachender Wirkung verloren. Die Erkrankung (Impfmasern) ist undramatisch. Der Schutz nach der ersten Masern-Impfung liegt bei 93 bis 95 Prozent, nach zwei Impfungen bei 98 bis 99 Prozent. Wirksamkeiten von über 90 Prozent findet man auch bei Impfungen gegen Tetanus, Hepatitis A und B. Anders als bei der Masern-Impfung müssen sie regelmäßig wiederholt werden.

Lassen sich gegen das Coronavirus verschiedene Impfstoffe kombinieren: erst eine Dosis AstraZeneca und dann eine von Biontech/Pfizer?

Rein immunologisch ist das unproblematisch. Die Wirksamkeit von Kombinationen wird derzeit in Studien untersucht. Kombinationen, in welcher Form auch immer, sind aber noch nicht zugelassen. Was das Coronavirus anbelangt, wissen wir noch nicht, wie lange jemand geschützt ist, der zweimal dagegen geimpft wurde. Bei Virusmutanten, die von den verfügbaren Vakzinen nicht erfasst werden, ist ohnehin ein neu komponierter Impfstoff nötig, der an die dann zirkulierenden Virus-Varianten angepasst werden muss. Das ist dann ein ähnliches Prinzip wie vorstehend bei der Grippe-Impfung beschrieben, aber mit dem Unterschied, dass sich die Coronaviren nicht so schnell verändern wie Influenzaviren. dpa/nd
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