Wirtschaft wehrt sich gegen Testpflicht

BDA-Chef betont, in den meisten Betrieben werde längst auf Corona getestet. Derweil zeichnet sich Stopp der Astra-Zeneca-Impfungen für unter 60-Jährige ab

Von der Politik kommt - nicht nur aus der Linkspartei - vermehrt die Forderung an die Wirtschaft, dass Betriebe für ihre Arbeiter*innen selbst regelmäßig Schnelltests zur Verfügung stellen sollten. Auch eine Verpflichtung der Unternehmen dazu ist im Gespräch.

Doch dagegen wehren sich die Interessenvertretungen der Unternehmer. Am Dienstag sprach sich Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer der Bundesvereinigung Deutscher Arbeitgeberverbände (BDA) zudem erneut gegen Produktionseinschränkungen im Rahmen eines Lockdowns aus. Ein »totaler Lockdown« sei aus seiner Sicht »weder verhältnismäßig noch sinnvoll«, sagte Kampeter dem Deutschlandfunk.

80 Prozent der Betriebe testen laut Kampeter bereits großflächig, und in den vergangenen Wochen habe man »große Erfolge erzielt«, das »noch übrige Fünftel zu motivieren«. Die Testangebote an die Mitarbeiter blieben aber freiwillig, betonte der BDA-Geschäftsführer. Denn es gebe keine Testpflicht, dazu habe sich »die Politik nicht durchringen wollen oder können«. Kampeter räumte jedoch ein, dass es bei kleineren und mittleren Unternehmen Beschaffungsprobleme für Testkits gebe, in großen Firmen dagegen eher Durchführungsprobleme.

Unterdessen zeigt ein Corona-Ausbruch in der Bremer Lürssen-Werft, dass die Vorkehrungen der Wirtschaft offenbar nicht in jedem Fall Infektionen verhindern. Berichten zufolge sind 105 Beschäftigte positiv auf das Virus getestet worden. Sie seien fast ausschließlich von der sogenannten britischen Virusmutante betroffen. Nach Angaben von Lürssen hat das Bremer Gesundheitsamt nach mehreren positiven Tests am Bremer Werftstandort rund 1000 Menschen getestet, die im betroffenen Bereich gearbeitet haben. Die positiv Getesteten würden nun unter Quarantäne gestellt. Der Werftbetrieb werde jedoch »unter Einhaltung unserer Präventionsmaßnahmen und im Rahmen unseres Hygienekonzepts« fortgeführt.

Unterdessen könnte die Impfkampagne an Fahrt gewinnen, wenn in größerem Umfang auch Betriebsärzte daran beteiligt werden, denn in der Bundesrepublik gibt es rund 12 000 Betriebsärzte. Auf ihre Beteiligung am Impfen dringen viele Firmen und Fachverbände seit Längerem. Im Volkswagen-Werk im sächsischen Zwickau wurde dazu jetzt ein Modellprojekt gestartet, wie der Konzern, das Deutsche Rote Kreuz (DRK) und Sachsens Gesundheitsministerium am Dienstag mitteilten. Den Angaben nach stehen vorerst 300 Dosen für die Erstimpfung bereit. Dabei werde strikt nach der geltenden Priorisierung vorgegangen, betonte der Geschäftsführer Personal von VW Sachsen, Dirk Coers.

Nach Angaben des Hauptgeschäftsführers der Deutschen Gesellschaft für Arbeits- und Umweltmedizin, Thomas Nesseler, ist frühestens Ende April oder Anfang Mai mit einer flächendeckenden Einbindung von Betriebsärzten in die Impfkampagne zu rechnen. Bei VW in Zwickau werden vorerst nur Mitarbeiter geimpft, die zur zweiten Priorisierungsgruppe gehören, also bestimmte chronische Erkrankungen haben, sowie Beschäftigte aus dem Vogtlandkreis. Dort dürfen wegen der hohen Inzidenz bereits alle Erwachsenen geimpft werden. Bei VW würden jetzt 600 Beschäftigte aus der Region geimpft. Insgesamt arbeiten im Zwickauer Werk 8500 Menschen. Gesamtbetriebsratschef Jens Rothe betonte, die Impfungen seien absolut freiwillig.

Unterdessen zeichnet sich ab, dass die Impfung mit dem Vakzin des Herstellers Astra-Zeneca bei unter 60-Jährigen vielerorts gestoppt wird. Eine entsprechende Empfehlung sprach am Dienstag die Ständige Impfkommission (Stiko) aus. Berlin und Brandenburg setzten die Impfungen für diese Altersgruppen bereits am Dienstag aus. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) wollte nach Angaben aus seinem Ministerium noch am Dienstagabend mit den Landesministern über das weitere Vorgehen beraten. Laut Stiko-Beschlussempfehlung ist der Einsatz des Vakzins bei Jüngeren indes »nach ärztlichem Ermessen und bei individueller Risikoakzeptanz nach sorgfältiger Aufklärung« weiter möglich. Die Impfungen mit Astra-Zeneca waren zwischenzeitlich wegen im Gehirn aufgetretener Blutgerinnsel, sogenannter Sinusvenenthrombosen, ausgesetzt worden. Nach einer Prüfung auch auf europäischer Ebene liefen sie aber wieder an. Nach Angaben des für Impfstoffe zuständigen Paul-Ehrlich-Instituts starben bis Montagmittag neun Menschen in Deutschland nach einer AstraZeneca-Impfung durch eine solche Thrombose. Bis Montagmittag wurden demnach rund 2,7 Millionen Erstdosen des Mittels verabreicht.

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