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Das Endlosverfahren gegen Assange

Mit einer Podiumsdiskussion erinnern Journalist*innen und Politiker*innen an den weiterhin inhaftierten Julian Assange und fordern fortgesetzte Solidarität

  • Daniel Lücking
  • Lesedauer: 4 Min.

Der australische Journalist und Wikileaksherausgeber Julian Assange sitzt weiterhin im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh, nahe London. Damit sein Fall nicht in Vergessenheit gerät und Rechtfertigungsdruck bei den am Verfahren beteiligten oder stoisch schweigenden europäischen Staaten aufkommt, hielten Politiker*innen und Journalist*innen in der vergangenen Woche eine Onlineveranstaltung ab, um auf die Lage von Assange hinzuweisen.

Zu den prominentesten Unterstützern gehört seit Ende 2019 der Schweizer Diplomat Nils Melzer, der für die Vereinten Nationen als Sonderberichterstatter über Folter tätig ist. 2019 teilte das deutsche Außenministerium am Vorabend einer vergleichbaren Veranstaltung Melzer im persönlichen Gespräch mit, man habe seine Berichte zum Fall Assange bis dato weder gelesen, noch habe man die Zeit dazu. Außenminister Heiko Maas (SPD) glaubt weiterhin fest an die Rechtsstaatlichkeit des Verfahrens und will bisher keine Hinweise auf unzumutbare Haftbedingungen erhalten haben. Melzer erklärt dieses Verhalten mit der Kooperation der Bundesregierung mit den US-Geheimdiensten und sieht einen Zusammenhang. «Das ist keine Verschwörungstheorie», sagt Melzer.

Den Berufungsprozess um die Auslieferungsentscheidung bewertet er als mögliche «Falle». Letztendlich könnte es darauf hinauslaufen, dass die USA nun Garantien abgeben, was den Umgang mit Assange und dessen Haftbedingungen angeht. «Diese Gefahr ist sehr, sehr konkret», macht Melzer deutlich und rechnet damit, dass das Berufungsgericht einer solchen Argumentation folgen würde. «Den Amerikanern geht es nicht in erster Linie darum, dass Julian Assange wegen Spionage verurteilt werden muss. Ihnen geht es vor allem darum, dass er im Gefängnis bleibt und nicht arbeiten kann.» An Assange solle ein Exempel statuiert werden, das abschreckend auf andere Journalist*innen wirkt. Nach mehr als zehn Jahren Verfolgung und Millionenkosten für die Überwachung dürfe Assange nicht einfach so in Freiheit gelangen, erläutert Melzer die wahrscheinlichste Strategie der US-Sicherheitsbehörden im Kampf gegen Wikileaks.

«Es geht nicht darum, seine Flucht zu verhindern. Es geht darum, seine Stimme zu unterdrücken», so Melzer weiter. Es sei hochgradig zynisch, dass das Gericht festgestellt hat, dass die Haftbedingungen in einem US-Hochsicherheitsgefängnis für Assange gesundheitlich unzumutbar sind, ihn aber nun im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh unter vergleichbaren Haftbedingungen einsitzen lasse. Melzer ist erstaunt darüber, dass Julian Assange trotz der Stresszustände, denen er dort ausgesetzt ist, noch am Leben ist. Zu kritisieren sei auch der Ablauf vieler Verfahren, die gegen Assange in der Vergangenheit geführt wurden.

Angela Richter, Journalistin und Theaterregisseurin, kritisierte als Beispiel dafür den Ablauf des Auslieferungsverfahrens, zu dem nur wenig Öffentlichkeit zugelassen war. «Dieses Gericht ist eigentlich zum schnellen Aburteilen von Terroristen gedacht, Trotz großem Interesse an der Verhandlung gab es nur wenige Plätze für Zuschauer*innen und Menschenrechtsorganisationen. Nur 15 bis 20 Journalist*innen hätten teilnehmen dürfen. Die Arbeitsbedingungen vor Ort seien schwierig gewesen. »Um die 80 Leute waren da in einem Container«, beschreibt Richter die Bedingungen für die Öffentlichkeit, die nur eine Bild- und Tonübertragung verfolgen durften, deren Qualität aber zu schlecht gewesen sei, um dem Prozess wirklich folgen zu können. »Man kann sich des Eindrucks nicht erwehren, dass daran gearbeitet wurde, möglichst wenig Informationen an die Öffentlichkeit kommen zu lassen«, so Richter weiter.

Auch Christian Mihr, Geschäftsführer der Organisation Reporter ohne Grenzen, ist mit den Prozessbedingungen nicht einverstanden und verglich den Auslieferungsprozess mit Prozessbedingungen in der Türkei: »Die Prozesse, denen ich in der Türkei beiwohnen durfte, sind an politischer Willkür nicht zu überbieten, aber ich habe mich in jedem dieser Prozesse als Prozessbeobachter willkommener und respektierter gefühlt als bei dem Auslieferungsverfahren von Julian Assange«, so Mihr. Ein zugesagter Videozugang sei wieder entzogen worden, Sitzplätze vor Ort wurden mit Verweis auf die Coronabeschränkungen abgesagt. »Öffentlichkeit bei Gerichtsverfahren - das ist nicht nur einfach irgendwie eine schöne Idee, das ist ein zentraler Grundsatz von Rechtsstaatlichkeit«, macht Mihr klar. »Recht muss in der Öffentlichkeit gesprochen werden.« Großbritannien verletzte an dieser Stelle seine eigenen rechtsstaatlichen Verpflichtungen und Grundsätze.

Die Linke-Bundestagsabgeordnete Heike Hänsel mahnte, mit der Solidaritätsarbeit nicht nachzulassen. Der Eindruck, dass mit der Entscheidung im Auslieferungsverfahren die Sache schon gewonnen wäre, trüge. Sie sieht die Bundesregierung beim Thema Assange als »Totalausfall« an und will weiter Druck ausüben.

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