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Locker war gestern
Brandenburg schickt mehrere Klassenstufen zurück in den Distanzunterricht, Berlin berät noch
Die Brandenburger Landesregierung schickt einen großen Teil der Klassen der weiterführenden Schulen wieder komplett zurück in den Distanzunterricht. Davon ausgenommen sind lediglich Schüler der Abschlussjahrgänge 10, 12 und 13 sowie Förderschüler mit dem Schwerpunkt geistige Entwicklung. Für alle anderen heißt es ab kommenden Montag erneut: Homeschooling. Das hat die rot-schwarz-grüne Koalition in Potsdam am Dienstag beschlossen.
Bildungsministerin Britta Ernst (SPD) beteuert am Mittwochmorgen, dass ihr der Schritt »sehr, sehr schwergefallen« sei. »Das sind für Kinder und Jugendliche sehr, sehr harte Entscheidungen«, so Ernst im RBB-Inforadio. Aber: »Wir müssen feststellen, dass wir in einer dritten Welle sind.« Eine etwas späte Feststellung, schließlich hatte das Bildungsministerium die weiterführenden Schulen vor drei Wochen mitten in der dritten Welle für alle Jahrgangsstufen im Wechselmodell geöffnet. Auch scheinen die rasant steigenden Infektionszahlen in Brandenburg an den Grundschulen keine Rolle zu spielen. Für die Erst- bis Sechstklässler bleibt es nach den Osterferien wie gehabt beim Wechsel aus Präsenzunterricht und Daheimbeschulung.
Auch an den in zwei Wochen startenden Abiturprüfungen wird Brandenburg unbeirrt festhalten, wie Ernst am Mittwoch bekräftigt. Die Bundesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), Marlies Tepe, hatte am Montag gefordert, die Prüfungen bei sehr hohen Infektionszahlen notfalls ausfallen zu lassen. Das beträfe in Brandenburg aktuell vor allem die Landkreise Elbe-Elster, Oder-Spree und Spree-Neiße. »Ich bin wirklich fassungslos über diese Äußerung, die ja vor allem die Schülerinnen und Schüler verunsichert, die jetzt auf den letzten Metern der Abiturprüfung sind«, sagt nun die Ministerin.
Neu für die Prüfungskandidaten wie auch alle anderen Personen vor Ort an den Schulen ist eine Art Testpflicht: Ab 19. April soll das Betreten der märkischen Schulgebäude ohne negativen Coronatest untersagt werden. Schüler, Lehrer und weiteres Schulpersonal sollen sich dann zweimal pro Woche selbst testen. »Wer diese Testungen nicht mitmachen möchte, hat keinen Anspruch darauf, in der Schule unterrichtet zu werden. Es wird dann ein Betreuungsverbot für die Schule geben«, erklärt Ernst.
An Brandenburger Schulen sind nach Angaben der Landesregierung bereits zwei Millionen Selbsttests ausgeliefert worden, getestet werden soll zu Hause. Für den Nachweis des Selbsttests sollen die Eltern ein Formular ausfüllen. Damit werde es eine neue Stufe der Sicherheit und des Schutzes auch an den Schulen in Brandenburg geben, so Ernst. Überhaupt habe sie »die große Hoffnung«, dass dank Tests und Impfungen Schüler und Beschäftigte früher oder später wieder »eine Perspektive haben«.
Anders als in Brandenburg steht in Berlin die Perspektive, wie es ab Montag an den Schulen weitergehen wird, noch aus. Die Beratungen im rot-rot-grünen Senat an diesem Donnerstag hierzu dürften spannend werden. So stellt Regina Kittler, die bildungspolitische Sprecherin der Linksfraktion im Abgeordnetenhaus, vorab bereits klar: »Meine Erwartung ist, dass die Schulen ab Montag erst einmal wieder in den Distanzunterricht gehen.« Angesichts der hohen Sieben-Tage-Inzidenz in den Altersgruppen von Schülern, die vor den Osterferien Spitzenwerte über 200 Neuinfektionen pro 100 000 Einwohner erreicht hatte, müsse man sich darauf konzentrieren, »die Werte wieder deutlich runterzukriegen«. Das sehe auch Vizesenatschef Klaus Lederer (Linke) so. »Ich darf nur daran erinnern, dass wir mal einen Grenzwert bei der Inzidenz von 50 ausgegeben hatten«, so Kittler zu »nd«. Sie hoffe, dass das bei der Senatssitzung am Donnerstag auch den Koalitionspartnern SPD und Grünen bewusst sei.
Berlins Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) selbst hält sich vorerst bedeckt. »Wir werden den Beratungen im Senat nicht vorgreifen«, sagt Scheeres’ Sprecher Martin Klesmann zu »nd«. Es gebe im Senat, ebenso wie unter Eltern, Schulleitungen und Lehrkräften, sehr weit auseinanderliegende Positionen. Größere Vorabberatungen, etwa mit den Schulleiterverbänden, soll es vor der Senatssitzung aber nicht mehr geben: »Wir kennen die Positionen.« Mit Blick auf die Forderung, Berlins Schüler wieder komplett in den digitalen Distanzunterricht zu schicken, hat Klesmann allerdings Bedenken: »Man sollte nicht den Eindruck erwecken, dass der Digitalunterricht an allen Schulen Berlins ein Selbstläufer ist.«
Fest steht bisher jedoch, dass auch in der Hauptstadt an den am 21. April beginnenden Abiturprüfungen festgehalten wird. Wie ihre Ressortkollegin in Brandenburg erteilte auch Berlins Bildungssenatorin den Forderungen der GEW eine klare Absage. »Es wäre nicht richtig, diese Abiturprüfungen abzusagen. Junge Menschen wollen ein Abitur, das in ganz Deutschland und im Ausland anerkannt wird«, so Sandra Scheeres. Das ist mithin wenig überraschend: Auch im vergangenen Jahr hatte die Senatorin stoisch auf dem Prüfungsmarathon bestanden, aller lautstarken Proteste vieler Schüler und Lehrkräfte zum Trotz.
Derweil steht es auch heute um die Stimmung in den Kollegien, insbesondere an den weiterführenden Schulen, nicht überall zum Besten, wie Berlins GEW-Chef Tom Erdmann berichtet. Für massive Verärgerung hatte zuletzt die Rücknahme des Impfangebots für die Beschäftigten der weiterführenden Schulen gesorgt. »Vor dem Hintergrund des Stopps der Impfungen mit dem Astra-Zeneca-Vakzin haben wir ja formal Verständnis«, sagt Erdmann zu »nd«. »Dennoch sind viele Kolleginnen und Kollegen empört.« Einige hätten die Gewerkschaft schon aufgefordert, einen Streik auszurufen. So weit will Erdmann nicht gehen. Seine Forderung an den Senat: »Wenn überhaupt, dann darf Präsenzunterricht an den Schulen nur von Kolleginnen und Kollegen angeboten werden, die einen Immunschutz haben, also bereits geimpft sind oder die Infektion schon einmal durchgemacht haben.« Zumindest für die weiterführenden Schulen käme das wohl einem vorläufigen Ende des Unterrichtsbetriebes vor Ort gleich.
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