- Politik
- Inuit Ataqatigiit
Linkspartei gewinnt Wahlen auf Grönland
Sozialistische Umweltpartei Inuit Ataqatigiit löst Sozialdemokraten bei Parlamentswahlen als stärkste Kraft ab
Kopenhagen. Auf Grönland bahnt sich ein Regierungswechsel an. Die bisherige linke Oppositionspartei Inuit Ataqatigiit (IA) ist bei der Parlamentswahl auf der größten Insel der Erde stärkste Kraft geworden und kann damit Gespräche über eine neue Regierungskoalition beginnen. Die linke Umweltpartei um den 34 Jahre alten IA-Vorsitzenden Múte Bourup Egede erhielt bei der Wahl am Dienstag dank starker Zuwächse 36,6 Prozent der Stimmen, während die bisherige Regierungspartei und traditionell stärkste Kraft Siumut auf 29,4 Prozent kam.
Egede dankte den Grönländern am Mittwoch (Ortszeit) für ihr Vertrauen. »Das ist eine große Verantwortung, die wir bekommen, aber auch eine große Möglichkeit für uns, Grönlands Zukunft in den nächsten vier Jahren zu zeichnen«, sagte er nach Angaben des dänischen Senders DR. Am wichtigsten für seine Partei sei es, zum einen eine anhaltende Wohlfahrtskrise einzudämmen und zum anderen Entwicklung und Wachstum auf der Insel zu erzeugen, ohne dass darunter die Umwelt leide.
Damit spielte Egede auf den großen Zankapfel an, der die vorherige Regierungskoalition letztlich neben einem internen Machtkampf bei der sozialdemokratischen Siumut zum Scheitern gebracht hatte: Ein in Australien ansässiges Unternehmen plant seit langem, in der Nähe des südgrönländischen Ortes Narsaq radioaktives Uran sowie Seltene Erden zu gewinnen - solche Seltenen Erden werden unter anderem in Laptops, Smartphones und weiteren Elektronikgeräten gebraucht. Dieses Projekt kann Arbeitsplätze und Einnahmen in dreistelliger Millionenhöhe pro Jahr bringen, aber auch negative Folgen für Umwelt und Gesundheit.
In einer jüngsten Meinungsumfrage der Zeitung »Sermitsiaq« war eine Mehrheit der befragten Grönländer gegen das Bergbauprojekt. Die IA will das Projekt stoppen - das beteuerte Egede auch nach dem Wahlausgang.
Bei der letzten Parlamentswahl 2018 hatte sich Siumut noch mit 27,2 Prozent vor der IA durchgesetzt, die damals auf 25,5 Prozent gekommen war. Beide konnten somit diesmal zulegen, während viele kleinere Parteien Stimmen einbüßten, darunter vor allem die Partei Die Demokraten. Wer von ihnen als Bündnispartner für die IA in Frage kommt, muss Egede nun in den kommenden Tagen ausloten.
Für eine mehrheitsfähige Regierungskoalition sind 16 der 31 Mandate im Parlament Inatsisartut in der Hauptstadt Nuuk nötig. Die IA erhält nun zwölf Sitze, Siumut zehn. Die zentristische Naleraq als drittstärkste Kraft bekommt vier Sitze, womit die IA mit ihr in einem Zweierbündnis regieren könnte. Auch Naleraq ist gegen das Minenprojekt.
Grund für das Vorziehen der Wahl um ein Jahr war der Zusammenbruch der Koalition des seit 2014 regierenden Sozialdemokraten Kim Kielsen gewesen. Der hatte Ende 2020 den Parteivorsitz an Erik Jensen verloren, der ebenfalls Regierungschef werden wollte. Interessant bei der jetzigen Stimmverteilung: Nach Egede (3380 Stimmen) hat Kielsen (1841) die zweitmeisten Kreuze aller 189 Kandidatinnen und Kandidaten erhalten - und damit mehr als Siumut-Chef Jensen (1186). Insgesamt haben 27.079 der rund 41.000 wahlberechtigten Grönländer ihre Stimme abgegeben - das macht eine Wahlbeteiligung von 65,8 Prozent.
Grönland zählt ebenso wie die Färöer-Inseln offiziell zum Königreich Dänemark, ist aber weitgehend autonom. Aus Kopenhagen wird die Insel jährlich mit mehr als 500 Millionen Euro unterstützt. Dies entspricht rund einem Drittel des Staatshaushalts von Grönland. agenturen/nd
Wir behalten den Überblick!
Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!