Grober Fehler zu Beginn

Markus Drescher über Föderalismus und Bund-Länder-Runden

Dass der Föderalismus mitunter eine anstrengende, nervtötende, zeitraubende und für Betroffene wirklich unangenehme Sache sein kann, gehört zu den Grunderfahrungen der bundesrepublikanischen Bürger*innen. Konnte dies in Vor-Corona-Zeiten noch zumeist mit dem Label »unter Umständen lästig« versehen werden, hat sich die Bewertung des Flickenteppichs in der Coronakrise bei vielen in Richtung »potenziell (lebens)gefährlich« verschoben.

Nicht nur, dass sich ein Virus eigentlich keinen besseren Gegner als den prinzipiell inkonsequenten und schwerfälligen wünschen kann, auf den es hierzulande offensichtlich trifft. Das Durcheinander an Regelungen, für die Bürger*innen mittlerweile weder durchschau- noch nachvollziehbar, hat zudem mit Sicherheit seinen Gutteil dazu beigetragen, dass es zu Wortschöpfungen wie »coronamüde« gekommen ist.

Wenn nun Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Bundestagsabgeordnete ihrer Partei auf mehr Kompetenzen des Bundes zur einheitlichen Durchsetzung von Anti-Corona-Maßnahmen drängen, weist dies aber auch auf eigene Versäumnisse hin, die schon seit Anbeginn der Pandemie für Verdruss sorgen, an der Akzeptanz des Beschlossenen nagen und sich vor allem immer mehr als hinderlich bei der Pandemiebekämpfung herausstellen.

So erweist es sich mit jeder weiteren Auflage der Bund-Länder-Runden als grober Fehler, dieses eigentlich nirgends vorgesehene Gremium überhaupt geschaffen und dafür den Bundestag als zentralen Ort der demokratischen Entscheidungsfindung ausgeschaltet zu haben. Mit einer ordentlichen Rechtsgrundlage und vom Parlament beschlossenen Maßnahmen wäre dem Kampf gegen die Pandemie sicher besser gedient gewesen.

Abonniere das »nd«
Linkssein ist kompliziert.
Wir behalten den Überblick!

Mit unserem Digital-Aktionsabo kannst Du alle Ausgaben von »nd« digital (nd.App oder nd.Epaper) für wenig Geld zu Hause oder unterwegs lesen.
Jetzt abonnieren!

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!