Digitale Messe über digitalisierte Industrie

Bei der Produkteschau aus Hannover geht es in diesem Jahr vor allem um Künstliche Intelligenz und »Kinematiken«

  • Hagen Jung
  • Lesedauer: 3 Min.

Makellos müssen sie sein: die Fläschchen mit Impfstoff gegen Corona. Strenge Qualitätsprüfung ist also angesagt. Wie diese schnell und gründlich erfolgen kann, war für die Medien schon vor Beginn der als weltgrößten Industrieschau geltenden Hannover-Messe auf einem virtuellen Rundgang zu einigen »Highlights« zu erfahren. Kameraaugen erfassen die im Fachjargon als »Vials« bezeichneten Impffläschchen während ihrer Produktion, leiten Bilder von ihnen einer digitalen Technik zu, die mit »Künstlicher Intelligenz« (KI) - einem großen Thema der Schau - ausgestattet ist.

Das Unternehmen, das solch ein Verfahren an kleinen Plastikbausteinen vorstellt, tut dies in den eigenen Räumen. Keine der rund 1800 ausstellenden Firmen, davon 1200 aus dem Ausland, reist nach Hannover, um dort einen Stand aufzubauen. Die Messe 2021 hat sich den Zusatz »Digital Edition« angehängt. Bei der digitalen Ausgabe ist ein Messebesuch nur im Internet möglich. Auf diesem Weg geht es zu insgesamt 7000 Produkten, unter anderem aus dem diesjährigen Messe-Partnerland Indonesien, ebenso wie zu Konferenzen, Vorträgen und weiteren Veranstaltungen.

Wie bei früheren Hannover-Messen steht auch vor dem Zugang zu den digitalen Präsentationen der Kauf einer »Eintrittskarte«, einer virtuellen per Internet natürlich. Sie kostet 10,95 Euro. Wer dann mithilfe des Tickets bei Unternehmen und Produkten stöbern kann, stößt auf ein Angebot, das die drei tragenden Themen der fünftägigen Veranstaltung wiedergibt: Digitalisierung, Automation und Klimaschutz. Wie diesen gedient werden kann, wird an CO2-neutralen Produktionsverfahren gezeigt.

Wie schon 2019 begegnen die Besucher immer wieder kleinen und großen Industrierobotern, deren Agieren recht futuristisch wirken kann. Etwa beim Blick in eine »Fabrikhalle der Zukunft«, die ein Unternehmenssprecher so vorstellt: »Das einzig Feste hier sind die vier Wände, das Dach und der Fußboden.« Letzterer erinnert an das Prinzip der Lego-Platten zum Häuschenbau für Kinder. So wie sie ganz nach individuellem Wunsch eine Stadt oder ein Dorf zusammenstellen, platzieren Unternehmen auf dem Hallenboden genau diejenigen Roboter, die zur Produktion des vom Kunden gewünschten Erzeugnisses eingesetzt werden müssen. Die Maschinen, von Künstlicher Intelligenz gesteuert, sind austauschbar und flexibel. Ihre Arme verfügen über vielfältige Bewegungsmöglichkeiten, Fachleute sprechen von jedem Einsatz angepassten »Kinematiken«.

Wie viele Besucher werden sich auf digitalem Weg über diese und andere Neuheiten informieren und am Konferenzprogramm bis zum Freitag teilnehmen? »Hoffentlich 100 000«, wünscht sich Messechef Jochen Köckler. 2022 »nach der Pandemie« möchte er zumindest eine »hybride Messe«: einen Mix aus »wieder vollem Gelände« und digitaler Präsentation.

Dass sich die Hannover-Messe im kommenden Jahr wieder »live« zeigen kann, wünschte allen Beteiligten auch Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer Eröffnungsrede. Die Regierungschefin erinnerte sich dabei an ihre vielen Messerundgänge in den vergangenen Jahren. Auf dem Gelände und in den Hallen habe man beim Besuch der Stände aus dem In- und Ausland stets gespürt, »welcher Wind des Wettbewerbs uns um die Ohren pfeift«, sagte Merkel.

Eisiger Wind war der Deutschen Messe AG, Veranstalterin der Industrieschau, im vergangenen Jahr um die Ohren gepfiffen. Der coronabedingte Ausfall hatte das Unternehmen an den Rand der Insolvenz gebracht. Gerettet werden konnte es Ende 2020 nur durch Kredite in Höhe von rund 105 Millionen Euro, für die das Land Niedersachsen und die Stadt Hannover bürgen.

Zugleich war ein Sparkonzept beschlossen worden, das auch zulasten der Beschäftigten geht. Die 738 Vollzeitstellen sollen bis 2027 auf 525 reduziert werden. Geschehen werde dies durch Nichtbesetzung auslaufender Stellen, Altersteilzeit oder Abfindungen, so die Messe AG, die jedoch auch warnt: »Betriebsbedingte Kündigungen sind als letzte Maßnahme nicht ausgeschlossen.«

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