- Kommentare
- Verlängerung der M10
Der grüne Tod
Marie Frank über die Pläne der Grünen, die M10 durch den Görli fahren zu lassen
Keine Frage, die Verkehrswende muss endlich Fahrt aufnehmen, und die im Gegensatz zu U-Bahnen weitaus günstigeren und schneller zu realisierenden Trams gehören unbedingt dazu. Dass die notwendige Verlängerung der M10 von der Warschauer Straße zum Herrmannplatz nun aber ausgerechnet mitten durch den Görlitzer Park führen soll, ist mehr als unglücklich. Gerade in der Pandemie ist deutlich geworden, wie wichtig Grünflächen für die Erholung sind und dass es in Innenstadtbezirken wie Kreuzberg eher mehr als weniger davon bräuchte. Nicht jede*r hat das Privileg eines eigenen Gartens, Balkons oder Innenhofs oder kann mal eben schnell raus nach Brandenburg ins Grüne fahren, am besten noch auf die eigene Datsche. Nicht nur die Kreuzberger *innen wissen daher den Görli als Naherholungsgebiet und zentralen Ort des Zusammenkommens zu schätzen. Und wer jetzt witzelt, dass es ja nur passend ist, dass die als Partytram bekannte M10 mitten durch den »Drogen-Park« fahren soll, sollte sich in Erinnerung rufen, dass der Görli auch mit Drogendealer*innen mehr Aufenthaltsqualität bietet als jede versiegelte Fläche.
Dass nun ausgerechnet eine Senatorin der Grünen eine innerstädtische Grünfläche durch eine Verkehrsachse zerschneiden will, lässt nicht nur politische Weitsicht, sondern auch Sensibilität für die Belange der Kreuzberger Bewohner*innenschaft vermissen. Denn der Grünen-Klientel mag der Görli als sogenannter kriminalitätsbelasteter Ort ein Dorn im Auge sein - wer mit Aperol Spritz auf der Dachterrasse seiner Eigentumswohnung sitzt und gedanklich schon den nächsten Trip in sein Ferienhaus plant, hat leicht reden. Wenn die Grünen aber wirklich eine Partei für alle Berliner*innen sein wollen, wie es ihre Spitzenkandidatin Bettina Jarasch immer wieder betont, sollten sie auch die Bedürfnisse der weniger gut betuchten Berliner*innen berücksichtigen. Gut wäre auch, sein eigenes Parteiprogramm ernst zu nehmen, immerhin ginge eine Umfahrung des Parks vor allem zulasten des Autoanteils. Und damit käme man auch dem ausgegebenen Ziel einer emissionsfreien Innenstadt ein gutes Stück näher.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.