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Airbus rüstet auf
Wie der deutsch-französische Flugzeugbauer in der Coronakrise durchstarten will
Airbus wäre eigentlich für ein Jahrzehnt ausgelastet. Das galt zumindest vor Corona. Wegen der Pandemie hat der deutsch-französische Luft- und Raumfahrtkonzern seine Produktion um rund 40 Prozent gedrosselt - und will sie erst ab dem kommenden Sommer wieder etwas ausweiten. Aber Stornierungen und Abbestellungen durch Fluggesellschaften wecken Zweifel bei Branchenbeobachtern, ob sich die zivile Luftfahrt schnell erholen kann.
Der Vorstandsvorsitzende der Airbus SE, der französische Ingenieur Guillaume Faury, reagierte auf die Coronakrise im vergangenen Juli mit der Ankündigung, weltweit 15 000 Stellen zu streichen, darunter 5100 der 50 000 Arbeitsplätze in Deutschland. Zu Entlassungen kam es bislang nicht: Staatlich geförderte Kurzarbeit und üppige Abfindungen durch den Konzern für »freiwillig« ausscheidende Mitarbeiter nahmen in Deutschland und Frankreich, Großbritannien und Spanien den Druck aus dem Kessel.
Im März einigten sich dann nach monatelangen Verhandlungen und Warnstreiks Betriebsrat und Gewerkschaften mit dem Airbus-Management: Der Konzern gab eine Jobgarantie, darf aber im Gegenzug die Arbeitszeit in unterausgelasteten Abteilungen senken. Außerdem erklärten sich die Beschäftigten bereit, auf Teile ihres Lohnes zu verzichten. »Aus meiner Sicht ist das ein sehr starkes Ergebnis«, sagte Daniel Friedrich, der für Airbus zuständige Bezirksleiter der IG Metall Küste. Die meisten deutschen Airbus-Produktionsstätten liegen in Hamburg und Norddeutschland.
Neu an Bord als Oberkontrolleur des Konzerns ging in der Krise der Deutsche René Obermann, der sich am Mittwoch den Aktionären erstmals zur Wiederwahl stellte. Das Ergebnis lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Doch die Wiederwahl des früheren Telekom-Bosses galt als sicher, schließlich werden die Spitzenpositionen bei Airbus nach politisch austarierten Proporz vergeben.
Die Coronakrise traf vor allem den zivilen Flugzeugbau. Im vergangenen Jahr hatte der teilstaatliche Weltmarktführer 566 Maschinen an seine Kunden übergeben, nachdem es im Rekordjahr 2019 noch 863 gewesen waren. Noch schlechter lief die Entwicklung beim einzigen großen Konkurrenten, dem US-Flugzeugbauer Boeing. Doch ähnlich wie auch Boeing ist Airbus weit mehr als seine Sparte Airbus Operations, die Flugzeuge für die zivile Nutzung baut. In der Krise gewannen Airbus Defence and Space, Airbus Helicopters und der hauseigene Zulieferer Premium Aerotec an Gewicht. Auf sie entfällt annähernd die Hälfte des Gesamtumsatzes des Konzerns. Alle drei Unternehmenssparten sind auch stark im Rüstungsgeschäft aktiv.
»In einem solch schwierigen Jahr bot das breite Portfolio von Airbus einen gewissen Schutz«, blickte der Verwaltungsratsvorsitzende René Obermann am Mittwoch in Amsterdam zur Eröffnung der Hauptversammlung von Airbus zurück. Während die zivilen Flugzeugaktivitäten durch die Pandemie erheblich beeinträchtigt worden seien, hätten Airbus Defence and Space und Airbus Helicopters umsatzmäßige »Unterstützung« geboten.
Doch diese betriebswirtschaftliche Unterstützung stößt nicht überall auf Zustimmung. »Airbus profitiert von Kriegen, Menschenrechtsbruch und Abschottung«, heißt es in einem gemeinsamen neunseitigen Dossier der deutschen Umweltschutzorganisation Urgewald, von Stop Wapenhandel aus den Niederlanden sowie Terre des Hommes, das zur Hauptversammlung veröffentlicht wurde.
So stehen beispielsweise viele Staaten im Mittleren Osten, immerhin die konfliktreichste Region der Erde, auf der Kundenliste. Der Oman erhielt in den vergangenen Jahren zwölf der von Airbus mitproduzierten Eurofighter, Kuwait bestellte 28 und Katar 24 Kampfflugzeuge. Die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) konnten mittels Airbus-Unterstützung einen Spionage-Satelliten starten. Zusammen mit einem Unternehmen aus den Emiraten will Airbus Kommunikationsausrüstung für Militär und Polizei im Mittleren Osten vermarkten. Saudi-Arabien zahlte rund zwei Milliarden Euro für ein »Grenzsicherungssystem«. Auch der Einsatz von Airbus-Rüstungsgütern in anderen Weltregionen stößt bei den Nichtregierungsorganisationen auf Kritik.
Doch auch die zivile Zukunft von Airbus scheint gesichert. Der langjährige Emirates-Chef Tim Clark geht davon aus, dass die Folgen der aktuellen Luftfahrtkrise zwar schwerer sind und die Tiefphase länger als nach der Finanzkrise dauern wird. Aber die Erholung werde »wieder genauso ablaufen«. Clarks Fluglinie, die staatliche Fluggesellschaft des Emirats Dubai, unterhält die größte A380-Flotte der Welt und gehört zu den wichtigsten Kunden von Airbus.
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