- Kommentare
- Hartz IV
Nichts als Verachtung
Lisa Ecke über Aussagen vom Bundesarbeitsagentur-Chef
Detlef Scheele würdigt Menschen in Hartz IV herunter und stempelt sie pauschal als faul ab. Gegenüber »Die Zeit« sagte der Chef der Bundesagentur für Arbeit, der auch noch Mitglied der SPD ist: »Wer sorgenlos leben möchte, der muss sich berappeln und möglichst gut entlohnte Arbeit finden.« Damit begründet er, warum er gegen die Forderung ist, den Hartz-IV-Satz auf 600 Euro im Monat anzuheben.
Einerseits zeigt er mit seiner Aussage, dass er offenbar all diejenigen überhaupt nicht auf dem Schirm hat, die gar nicht mehr arbeiten können und trotzdem Grundsicherungsleistungen beziehen müssen, etwa Rentner*innen. Andererseits schiebt er Hartz-IV-Beziehenden die Schuld ihrer prekären Lage zu.
Das ist nicht nur während der Coronakrise zynisch und steht entgegen jeder Realität auf dem Arbeitsmarkt, sondern auch angesichts der zahlreichen mies bezahlten Jobs, die nicht zum Leben reichen. Scheele bezweifelt aber sowieso, dass »jemand mit 600 Euro deutlich zufriedener wäre.« Damit zeigt er dann, dass er absolut realitätsfremd ist. Natürlich ist für Menschen, die extrem wenig Geld erhalten, jeder Euro mehr ein Gewinn an Lebensqualität. Etwa um sich gut ernähren, oder am gesellschaftlichen Leben teilhaben zu können.
Aber Scheele sät lieber Vorurteile gegen Hartz-IV-Empfänger. Laut Bremer Institut für Arbeitsmarktforschung lag das Jahresgehalt für die drei Vorstände der Bundesarbeitsagentur 2017 bei 900 000 Euro, schlappe 96,5 Prozent mehr als 2005. Scheele erhält aktuell laut »Business Insider« 400 000 Euro im Jahr. Da sind 154 Euro mehr im Monat nichts. Besser lässt es sich für ihn wohl nur noch mit Verachtung für Arme leben.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!