Lange Party und noch längere Verträge

Die Berlin Volleys werden zum elften Mal deutscher Meister. In der nächsten Saison könnten sie noch dominanter werden.

Acht im Reisebus mitgeschmuggelte Getränkekisten hatten nicht ausgereicht. Die Helfer der Berlin Volleys waren auf den »Ernstfall« vorbereitet. Bei einem Sieg in Friedrichshafen und der damit verbundenen vorzeitigen Meisterschaft sollte einer Party nichts im Wege stehen, auch nicht der Aberglaube, dass Titelfeiern nicht geplant werden dürfen, bevor die Medaillen um den Hals hängen. Also waren Häppchen, Getränke und Meistershirts versteckt mit an den Bodensee gereist.

Als die Volleys am Donnerstagabend tatsächlich den entscheidenden 3:0-Sieg eingefahren hatten, durften die Party-Utensilien ausgepackt werden. 90 Minuten später waren die Getränke in der Messehalle aber schon alle. Also mussten die Helfer erneut einkaufen gehen - und so sollten die Kehlen mancher Berliner Volleyballer noch bis sieben Uhr am Freitagmorgen feucht bleiben, als ihr Bus endlich in der Hauptstadt ankam. Wenn man in Pandemiezeiten schon mal feiern darf, dann richtig.

Die Berlin Volleys haben in den vergangenen zehn Jahren acht Meistertitel gewonnen, wäre die Saison im Vorjahr nicht wegen Corona abgebrochen worden, wären es ziemlich sicher sogar neun. Das klingt nach langweiliger Dominanz, zumal in den Finalserien mit dem VfB Friedrichshafen auch fast jedes Mal derselbe Gegner bezwungen wird. Doch es steckt zumeist viel Spannung im Meisterrennen der Bundesliga. Die Berliner stehen nur selten nach der Hauptrunde auf Rang eins, in dieser Saison waren sie gar nur Dritte. Diesmal schienen die Gegner noch näher dran zu sein als in den Jahren zuvor. Die Volleys hatten zu Beginn der Saison mit Coronafällen im Team zu kämpfen, später mit Verletzungen wichtiger Spieler. Lange bekamen sie Probleme im Aufschlagspiel und bei der Abstimmung in der Verteidigung nicht in den Griff.

Doch in den Playoffs können sich die Berliner immer steigern, bezwangen diesmal Düren mit 2:1 im Halbfinale und danach den Rekordmeister Friedrichshafen mit 3:0. Zur Wahrheit gehört natürlich, dass sich die Berliner in schwierigen Zeiten noch mit Weltklassespielern wie Denys Kaliberda oder Kévin Le Roux verstärken können, wenn andere an ihre Grenzen stoßen.

Das passierte Friedrichshafen gleich zweimal: Erst musste das Team in Februar in Quarantäne, schied deshalb aus der Champions League aus und verlor seinen Spielrhythmus. Und nun verletzte sich mit jedem Finalspiel gegen die Berliner ein weiterer Akteur. Gewann der VfB in Spiel eins vor einer Woche noch die ersten beiden Sätze, war er danach chancenlos. Alle neun folgenden Durchgänge gingen verloren.

Friedrichshafen muss nun den Abgang von gleich zwei Topspielern verkraften: Der jahrelange deutsche Nationalmannschafts-Libero Markus Steuerwald verabschiedete sich am Donnerstag nach insgesamt neun Jahren unter Tränen endgültig vom Bodensee. Und das erst 21-jährige Supertalent Linus Weber zieht es zurück in die stärkere italienische Liga nach Padua. Zuvor war Weber am Donnerstag noch zum wertvollsten Spieler der abgelaufenen Bundesligasaison gekürt worden.

Die besten Spieler auf Berliner Seite bleiben hingegen den Volleys treu: Die Hauptangriffsachse aus Zuspieler Sergej Grankin und Diagonalangreifer Benjamin Patch verlängerte in den vergangenen Wochen ihre jeweiligen Verträge bis 2023 bzw. sogar 2024. Die französischen Außenangreifer Timothée Carle und Samuel Tuia haben noch mindestens ein Jahr laufende Kontrakte, ebenso wie der junge deutsche Mittelblocker Anton Brehme. Der war erst zu Saisonbeginn gekommen und hatte damals, wie so viele starke Talente, den Eindruck hinterlassen, Berlin eher als Zwischenstation auf dem Weg in die großen Ligen nach Russland, Polen oder Italien zu betrachten. Im Meisterjubel am Donnerstagabend aber rief er freudestrahlend: »Wir verstehen uns alle megagut. Ich hoffe, ich kann mit den Jungs noch zehn Jahre zusammenspielen.« Das klang verdächtig nach einer weiteren Berliner Dominanz-Dekade. Die Volleys haben das gern gehört. Der Rest der Liga sicher weniger.

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