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Betriebsrat Ralf Sander wurde von Primark gekündigt - der kämpferische Gewerkschafter ist dem Konzern ein Dorn im Auge

  • Johannes Schulten
  • Lesedauer: 2 Min.

Der stationäre Textilhandel gehört zu den großen Verlierern der Coronakrise. Zwar werden auch in den diversen Lockdowns Klamotten gekauft. Doch das geschieht vor allem online bei Zalando oder Amazon. Mit einem Umsatzeinbruch von 40 Prozent traf es den Textildiscounter Primark 2020 besonders hart. Restrukturierungen will das Management der britischen Firma offenbar ohne störende Mitbestimmung über die Bühne bringen.

Das wäre zumindest eine plausible Erklärung für den Rauswurf von gleich drei Betriebsratsmitgliedern in den vergangenen Monaten. Der Vorwurf in allen Fällen: Datenschutzvergehen. Einer der Betroffenen ist Ralf Sander. Seine Kündigung war am Freitag Gegenstand einer Güteverhandlung vor dem Arbeitsgericht Hannover.

Dass es Sander trifft, macht aus Konzernsicht Sinn. Denn der 46-Jährige ist das Paradebeispiel eines engagierten, kämpferischen Betriebsrats. Der Arbeit wegen nach Westdeutschland gezogen, landete der gebürtige Sachse Anfang der 2010er Jahre als Lagerist bei Primark in Hannover. Dort wollte die Geschäftsführung die Belegschaft verpflichten, an verkaufsoffenen Sonntagen zu arbeiten.

Sander initiierte eine Betriebsratsgründung. Als späterer Betriebsratsvorsitzender trug er wesentlich dazu bei, den Organisationsgrad der Filiale von praktisch null auf für die Branche astronomische 70 Prozent zu erhöhen. Dies war die Voraussetzung für einen siebentägigen Streik 2016, mit dem die Belegschaft eine Tarifbindung für die heute 32 Primark-Filialen in Deutschland erkämpfte.

Sander engagiert sich derweil nicht nur für seine Kolleg*innen in Hannover, sondern auch in der internationalen Gewerkschaftskooperation für menschenwürdige Arbeitsbedingungen für jene, die in Ländern wie Bangladesch die Mode für die Primarks dieser Welt nähen.

Der Gütetermin am Freitag endete ohne Einigung. Etwa 120 Unterstützer*innen vor dem Arbeitsgericht machten klar, dass sie in dem Angriff auf Sander einen Angriff auf alle Kolleg*innen sehen. Am 19. Mai geht es vor das Kammergericht. Johannes Schulten

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