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Krankenhäuser gegen verbindliche Personalvorgaben

Klinikverband weist auf Fachkräftemangel hin und hätte gerne mehr Geld für die Digitalisierung

  • Rainer Balcerowiak
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) fordert von der Politik in der kommenden Legislaturperiode Reformen der medizinischen Versorgungsstrukturen. Als Spitzenverband vertritt die DKG fast alle der der knapp 2000 kommunalen, universitären, kirchlichen und privaten Kliniken mit insgesamt 1,3 Millionen Mitarbeitern, knapp einer halben Million Betten und fast 20 Millionen stationären Behandlungen pro Jahr

Gerade die Corona-Pandemie habe die auch im internationalen Vergleich sehr hohe Leistungsfähigkeit des deutschen Gesundheitssystems gezeigt, aber auch die großen Defizite im Kliniksystem verdeutlicht, sagte der DKG-Vorstandsvorsitzende Gerald Gaß am Freitag bei der Vorstellung eines Positionspapiers des Verbandes. Hohe Priorität hat demnach die Überwindung des eklatanten Fachkräftemangels, der zum »entscheidenden limitierenden Faktor in der Versorgung« zu werden drohe. Dies gelte nicht nur für das Pflegepersonal, sondern auch für Ärztinnen und Ärzte, IT-Fachkräfte und die weiteren Gesundheitsberufe im Krankenhaus. Neben einer anforderungs- und qualifikationsgerechten Vergütung müssten vor allem die Arbeitsbedingungen weiterentwickelt werden, erläuterte Gaß.

Allerdings setzt die DKG dabei auf die Eigenverantwortung der Klinikbetreiber und lehnt »unflexible Vorgaben wie die Pflegepersonaluntergrenzen und nicht realisierbare Personalvorhaltevorgaben« vehement ab. Begründung: Diese würden in vielen Fällen die Versorgung der Patienten gefährden. Bei den Gewerkschaften dürften solche Aussagen auf Empörung stoßen, denn gerade der Kampf um verbindliche Personalschlüssel für einzelne Arbeitsbereiche steht seit Jahren im Mittelpunkt der Auseinandersetzungen mit den Krankenhausbetreibern. An mehreren Kliniken konnte Verdi nach Streiks entsprechende Tarifverträge für das Pflegepersonal durchsetzen.

Ohnehin merkt man dem Positionspapier an, dass die DKG in erster Linie ein Arbeitgeberverband ist, der eben auch die Interessen renditeorientierter, börsennotierter Gesundheitsunternehmen vertritt. Die besonders von der Linken und den Gewerkschaften geäußerte Kritik an der zunehmenden Privatisierung des Gesundheitswesens wies Gaß denn auch vehement zurück: »Wettbewerb und Differenzierung der Trägerlandschaft haben sich bewährt«, lautet sein Credo. Schließlich würden ja auch die Rahmenbedingungen der Finanzierung für alle gleichermaßen gelten. Und an diesen gelte es anzusetzen, wenn man das System verbessern wolle.

Zentralen Handlingsbedarf sieht die DKG vor allem bei der Digitalisierung. Zwar sei der Krankenhauszukunftsfonds des Bundes und der Länder zur Förderung der digitalen In-frastruktur mit einem Gesamtvolumen von 4,3 Milliarden Euro ein wertvoller Schritt in die richtige Richtung und eine wichtige Anschubfinanzierung. Doch die Finanzierung entsprechender Investitionen und der personellen Ausstattung müsse verstetigt werden. Die DKG fordert für die Zukunft einen dauerhaften Digitalisierungszuschlag in Höhe von zwei Prozent auf alle Krankenhausrechnungen.

Am Vergütungssystem für klinische Leistungen, den sogenannten Fallpauschalen, will die DKG festhalten, obwohl dieses mitunter zu grotesken Fehlanreizen führt. Denn für betriebswirtschaftlich geleitete Kliniken sind bestimmte Behandlungen wie etwa Hüftoperationen schlicht lukrativer als personal- und zeitintensive konservative Therapien. Die Krankenhausgesellschaft will dieses System, das in Deutschland 2003 flächendeckend mit dem Ziel der Kostensenkung eingeführt wurde und die Vergütung auf Grundlage entstandener Behandlungs- und Pflegekosten ablöste, lediglich weiterentwickeln und flexibler gestalten. Weitere Punkte in dem DKG-Positionspapier betreffen den Bürokratieabbau in den Kliniken, die bedarfsgerechte regionale Angebotsentwicklung und die bessere Verzahnung ambulanter und stationärer Versorgung.

Gaß äußerte sich auch zur aktuellen Situation der Kliniken in der Corona-Pandemie. Noch seien die Krankenhäuser im Großen und Ganzen handlungsfähig. Die Effekte der Impfkampagne bei den besonders gefährdeten Gruppen wirkten sich bereits dämpfend auf Hospitalisierungs- und Todesraten aus. Auch die weitgehende Durchimpfung des Personals zeige Wirkung, es gebe kaum noch infektionsbedingte Ausfälle. Allerdings ist laut dem Verbandschef in den kommenden Wochen damit zu rechnen, dass sich die Situation bei den stationären Aufnahmen wieder zuspitzen werde. »Wir brauchen deshalb dringend ein Brechen der dritten Welle, einen Lockdown, der vor allem auf Kontaktbeschränkungen abzielt«, forderte Gaß.

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