Eine wichtige Personalie ist offen
Olympiaquali der Schwimmer: Wellbrock optimistisch, Köhler sorgt sich um sportliche Leitung
Von den Störgeräuschen im Verband und einem Solorennen vor leeren Rängen ließ sich Florian Wellbrock nicht die Laune verderben. Im Wissen um die eigene Stärke nutzte Deutschlands Topschwimmer die finale Olympiaqualifikation in Berlin für einen Formcheck. Selbstbewusst blickt der Doppelweltmeister auf das große Ziel in drei Monaten. »Ich bin zu 100 Prozent ein Wettkampftyp, und wenn ich in Tokio am Start stehe und acht Leute im Becken sind, dann wird es ein cooles Ding«, sagte der 23-Jährige. »Ich werde der Situation dann gewachsen sein, und da freue ich mich schon tierisch drauf.«
Wellbrock ist der größte Medaillen-Hoffnungsträger der deutschen Schwimmer bei den Sommerspielen . Er soll dazu beitragen, dass die Serie von zwei Sommerspielen ohne Edelmetall im Becken endet. Auf seiner 400-Meter-Nebenstrecke kraulte der gebürtige Bremer am Samstag in 3:44,36 Minuten bis auf eine Hundertstelsekunde an seine Weltjahresbestleistung aus der Vorwoche heran.
Auf den letzten Drücker
Wellbrock, der in der starken Magdeburger Trainingsgruppe von Teamchef Bernd Berkhahn trainiert, hat seinen Startplatz wie sieben andere DSV-Athleten schon lange sicher. Im April knackten elf weitere Schwimmerinnen und Schwimmer die Olympia-Einzelnorm. Christian Diener, Damian Wierling, Annika Bruhn und Lucas Matzerath schafften es auf den letzten Drücker in der Hauptstadt.
»Man muss den Hut ziehen vor den Sportlern, wie sie sich hier motivieren und zusammenreißen mit sehr dünn besetzten Läufen und ohne Zuschauer«, sagte Berkhahn. Wegen eines coronabedingt stark reduzierten Teilnehmerfeldes schwammen die Athleten wie Wellbrock über 800 Meter Freistil ihre Rennen teils alleine oder gegen nur wenige Konkurrenten. Meckern wollte Berkhahn darüber nicht. »Viele andere Sportarten haben noch größere Probleme als wir mit der Qualifikation. Wir können uns glücklich schätzen, dass wir es bis hierhin so gut durchbekommen haben.«
Zufrieden mit ihren Leistungen war auch Langstreckenspezialistin Sarah Köhler. Die 26-Jährige Vizeweltmeisterin über 1500 Meter Freistil will wie ihr Verlobter Wellbrock in Tokio um Medaillenschwimmen. Auf der langen Strecke siegte Köhler souverän, auf ihrer Nebenstrecke über 400 Meter musste sie sich ihrer Trainingspartnerin Isabel Gose geschlagen geben.
Kurschilgen-Nachfolger gesucht
In turbulenten DSV-Zeiten hat Köhler auch abseits des Beckens einiges zu tun. »Ich bin seit vier Jahren Athletensprecherin und ich hätte nicht gedacht, dass ich mich politisch so stark engagieren müsste«, sagte sie am Sonntag. Nachdem der Deutsche Schwimm-Verband Leistungssportdirektor Thomas Kurschilgen freigestellt hat, ist der wichtige Posten seit Wochen vakant.
Unter anderem gemeinsam mit Bernd Berkhahn und Teamcoach Hannes Vitense hatte sich Köhler in einem kritischen Brief an die Verbandsspitze zuletzt für eine Rehabilitierung von Leistungssportdirektor Thomas Kurschilgen ausgesprochen. Sollte dies nicht zeitnah möglich sein, schlägt die Gruppe den dreimaligen Olympiasieger Michael Groß als Interimslösung für den Posten vor.
Wie es weitergeht, will der DSV in wenigen Tagen entscheiden. Sarah Köhler hofft, dass die Frage tatsächlich bald zufriedenstellend geklärt wird. »Das Thema hätte schon vor zwei Wochen vom Tisch sein sollen«, sagte sie. »Es ist schon mehr als überfällig.« SID/nd
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