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Mallorca-Panik: Ablenkung vom deutschen Versagen
Auf »Malle« haben sie nichts anbrennen lassen über Ostern, in Deutschland dagegen geht die schlechte Corona-Politik weiter
Zwei Wochen später ist die Welt nicht zusammengebrochen in Mallorca. Anders als in Deutschland laufen die Krankenhäuser nicht voll, die Corona-Inzidenz liegt seit zwei Wochen stabil bei 30. Dabei ließ die Verve und die Dramatik, mit der vor und an Ostern in Deutschland über ein paar Tausend Malle-Urlauber diskutiert wurde, Apokalyptisches Vermuten.
Eine Herde an Ballermann-Touristen, genervt von Corona-Einschränkungen in Deutschland, werde über die Insel herfallen, wild feiern und dann das Virus nach Hause zurücktragen und die Pandemie in Deutschland weiter anheizen: das war ungefähr das Fantasie-Schreckensbild in der öffentlichen Debatte.
Doch anders als Deutschland hat Mallorca eine funktionierende Corona-Politik, ließ nichts anbrennen, verschärfte zu Ostern präventiv die Maßnahmen. Die Mallorca-Urlauber trafen in Palma und anderswo auf eine scharfe Maskenpflicht und eine Gastronomie, die nur das Draußensitzen mit maximal vier Personen erlaubte und bereits um 17 Uhr schloss – sie konnten an den Strand und Wandern, das war es, auch weil ab 22 Uhr eine Ausgangssperre galt. Das Ballermann-Bild war schon immer falsch, weil die berühmte Bierstraße nur eine Straße und Facette einer großen und wunderschönen Insel ist, in Corona-Zeiten aber ist es noch falscher – und das war schon vor Ostern absehbar.
Überhaupt – die etwa 40.000 bis 50.000 Urlauber – eine verschwindend geringe Zahl angesichts eines 80-Millionen-Einwohner-Landes und einer 400.000-Einwohner-Insel war nie das Problem, selbst wenn sich einige Urlauber daneben benommen hätten oder haben. Tatsächlich war die Empörung über die Malle-Urlauber an Ostern vor allem Ablenkung vom Versagen der deutschen Corona-Politik.
Mit dem Einschlagen auf ein Symbol konnten Politiker für einige Tage fast vergessen machen, dass die Hauptprobleme der deutschen Virus-Eindämmung nicht oder nur opportunistisch, uneinheitlich und zu lax angegangen wurden: Zu wenig Homeoffice und Ansteckungen in Betrieben sowie das Weitertragen des Virus aus Kitas und Schulen an die Eltern.
Das auch Linke beim Mallorca-Bashing in den sozialen Medien mitmachten, ist zwar menschlich verständlich – hält man sich doch seit Monaten an Maßnahmen und hat Kontakte minimiert -, aber genau so falsch wie das »Park-Shaming« per anklagendem Twitter-Bild-Posting von Jugendlichen-Gruppen, die ins Parks sitzen. Unterschwellig schwang bei der Mallorca-Panik auch etwas akademische Herabwürdigung von vermeintlicher Proleten-Kultur mit.
Statt einzelne Menschen anzugehen oder bei einer ebenfalls aus Regierungskreisen angeheizten »moral panic« mitzumachen, sollte die gesellschaftliche Linke weiterhin dafür sorgen, dass Menschen sozialstaatlich befähigt werden, Kontakte zu reduzieren und sich an Corona-Einschränkungen halten zu können. So wie das Initiativen wie ZeroCovid mit der dreiwöchigen solidarischen Pause vorschlagen.
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