Ein Auto fährt Radfahrerin ohne Helm an ...

verkehrsrecht: Mitverschulden oder nicht?

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Der Fall: Im Herbst 2017 war eine Radfahrerin bei einem Unfall schwer am Kopf verletzt worden. Ein Autofahrer hatte sie beim Abbiegen nach rechts übersehen und angefahren.

Dass der Autofahrer den Unfall verursacht hatte, stand eindeutig fest, wie auch die Gerichtsverhandlung belegte. Die Frau verlangte daher vom Autofahrer Schmerzensgeld.

Im folgenden Prozess vor dem Oberlandesgericht Nürnberg (Az. 13 U 1187/20w) ging es im Wesentlichen um die Frage, ob der verletzten Frau ein Mitverschulden vorzuwerfen ist oder nicht. Denn die Verletzung wäre nach den vorliegenden Erkenntnissen weit weniger schlimm ausgefallen, wenn die Radfahrerin einen Fahrradhelm getragen hätte.

Das Urteil: Wie schon das Landgericht als Vorinstanz verneinte auch das Oberlandesgericht Nürnberg ein Mitverschulden der Radfahrerin. Der Autofahrer müsse allein für die Unfallfolgen haften. Eine Pflicht, beim Radfahren einen Helm zutragen, bestehe ohnehin nicht - auch wenn Verkehrsexperten schon lange eine Helmpflicht befürworteten. Deshalb könne man es nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs Radfahrern nicht zum Vorwurf machen, wenn sie ohne Helm unterwegs sind.

Die Justiz könnte allenfalls dann ein Mitverschulden ableiten, wenn es allgemeiner Konsens wäre, dass nur Radfahren mit Helm als vernünftig und richtig anzusehen wäre. Ein allgemeines Bewusstsein, dass es notwendig sei, sich beim Radfahren mit einem Helm selbst zu schützen, existiere aber nach wie vor nicht.

Im Alltagsverkehr meist ohne Helm

Die weit überwiegende Mehrheit der erwachsenen Radfahrer sei im Alltagsverkehr ohne Helm unterwegs, so das Gericht. Anders sei das beim sportlichen Radfahren zu bewerten, etwa beim Mountainbiken im Gelände. Denn dabei sei das Verletzungsrisiko deutlich höher. Das gelte auch für Rennradfahrer - nicht nur wegen ihrer höheren Geschwindigkeit. Aufgrund der niedrigen Rennradlenker sitze man auf einem Rennrad gebeugter und mit tieferer Kopfhaltung. Das erhöhe bei Unfällen die Gefahr schwerer Kopfverletzungen.

Im Alltagsverkehr, so das Oberlandesgerichts Nürnberg, begründet das Radfahren ohne Helm kein Mitverschulden. OnlineUrteile.de

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