Den Wassermangel verwalten

Berliner Umweltverwaltung legt Masterplan für die wertvolle Ressource vor

  • Nicolas Šustr
  • Lesedauer: 3 Min.

»In einigen Wasserwerken wird schon jetzt mehr Grundwasser entnommen, als neu gebildet wird«, sagt der Berliner Umwelt-Staatssekretär Stefan Tidow (Grüne) am Mittwoch. In Tegel liegt das Defizit bei rund zehn Prozent; über alle Berliner Wasserwerke gerechnet, sind es noch zwei Prozent. Keine gute Voraussetzung angesichts des Klimawandels, der der Region tendenziell immer weniger Niederschläge bescheren wird.

Mit diesen und anderen Problemen beschäftigt sich der Masterplan Wasser, den Tidow bei einer Online-Pressekonferenz vorstellt. »Wie stellen wir die Daseinsvorsorge sicher im Hinblick auf die Trinkwasserversorgung, wichtige Ökosysteme und die Lebensqualität?«, formuliert der Staatssekretär die Leitfrage. Es wurden verschiedene Szenarien entwickelt, die von einer Verringerung des Wasserzuflusses um bis zu 75 Prozent ausgehen.

»Es sind Szenarien, keine Prognosen«, sagt Tidow. Man wolle jedoch auf den Worst Case vorbereitet sein. Die aufgelisteten Maßnahmen sind vielfältig und wurden teilweise schon angegangen. So sollen beispielsweise Schleusen so modernisiert werden, dass weniger Wasser durch sie läuft. Mit mehreren Bundesländern, dem Bund und diversen Behörden soll die Bewirtschaftung von Oberhavel und Spree abgestimmt werden. Zurückgehende Niederschläge sind dabei das eine Thema - bei der Spree ist auch der Braunkohlebergbau und dessen Folgen, unter anderem die steigende Sulfatbelastung, ein großes Problem.

Der Pressetermin ist wohl kein Zufall, hat doch die Berliner Landesarbeitsgemeinschaft Naturschutz als Zusammenschluss der anerkannten Berliner Naturschutzverbände kürzlich eine Untätigkeitsklage gegen die Umweltverwaltung eingereicht.

Es geht um Verstöße gegen die Flora-Fauna-Habitat-Richtlinie (FFH) der Europäischen Union. Die erheblichen Beeinträchtigungen der Erhaltungsziele der betroffenen FFH-Gebiete »Spandauer Forst«, »Müggelspree-Müggelsee« und »Grunewald« durch den Betrieb der Berliner Wasserwerke seien durch ein von der Umweltverwaltung selbst beauftragtes Gutachten sicher belegt.

Wegen Verstößen gegen die FFH-Richtlinie läuft auch eine Beschwerdeverfahren der EU-Kommission gegen Deutschland, das empfindliche Geldbußen zur Folge haben könnte. Es ist sicher auch nur Zufall, dass der Berliner Moormanagementplan just diesen Mittwoch festgesetzt worden ist.

»Seit 25 Jahren läuft das wasserrechtliche Bewilligungsverfahren für die Wasserwerke Spandau, Beelitzhof, Tiefwerder und Friedrichshagen, ohne dass bisher die Antragsunterlagen vorliegen«, sagt Manfred Krauß zu »nd«. Er ist Gewässerexperte des Umweltverbands BUND Berlin. »Wir sehen offensichtlich eine zeitliche und personelle Überforderung der Verwaltung und ein Desinteresse der Politik , das anzugehen«, so Krauß weiter. Den Wasserwerken Frankfurt am Main würden am Vogelsberg beispielsweise Mindest-Grundwasserstände vorgegeben. Die Förderung muss bei drohender Unterschreitung gedrosselt oder eingestellt werden.

»Wir kommen nicht an der Tatsache vorbei, dass wir zwei wichtige Schutzgüter haben«, sagt Staatssekretär Stefan Tidow. Es gehe darum, Schäden zu minimieren. Die Möglichkeit, die Wasserförderung völlig zu verlagern, fehle. Die Kunst sei es, zu schauen, welche Möglichkeiten es gebe, die Zielkonflikte abzumildern, zum Beispiel durch leichte Verlagerungen der Förderbrunnen. Das Wasserwerk Jungfernheide soll wieder in Betrieb gehen und jenes in Johannisthal nach Abschluss der Altlastenbeseitigung auf Industrieflächen wieder ins Trinkwassernetz einspeisen, um woanders Entnahmemengen reduzieren zu können.

Lange habe man auf den Masterplan Wasser gewartet, berichtet Umweltexperte Manfred Krauß. Sonderlich überzeugt ist er von dem Dokument nicht. »Es sind zwar zahlreiche Maßnahmen aufgelistet, aber es gibt überhaupt keine Priorisierung und keine Aussagen wie man mit den durch die Trinkwasserförderung hervorgerufenen ökologischen und naturschutzrechtlichen Probleme umgehen will«, bemängelt er.

»Wir müssen über das Wassersparen reden, um insbesondere Spitzenverbräuche abzufedern«, sagt Stefan Tidow.

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