Kino wird Kunstmuseum

Der Umbau des alten Lichtspieltheaters der Jugend in Frankfurt (Oder) weckt Erinnerungen

  • Andreas Fritsche, Frankfurt (Oder)
  • Lesedauer: 2 Min.

Außen und innen mit Graffiti besprüht, der Putz bröckelt, das Glas in den Fenstern und Türen fehlt, das Parkett ist an vielen Stellen herausgebrochen, die Inneneinrichtung bis auf die Garderobenständer entfernt. Das alte Lichtspieltheater der Jugend an der Heilbronner Straße in Frankfurt (Oder) ist in einem beklagenswerten Zustand, und doch sieht man dem imposanten Gebäude noch an, wie schön es einmal gewesen sein muss.

Jetzt soll es für 23 Millionen Euro umgebaut werden, damit das Landesmuseum für moderne Kunst hier ab 2028 Werke aus seiner in Umfang und Bedeutung einzigartigen Sammlung von DDR-Kunst zeigen kann.

»Alle notwendigen Entscheidungen sind getroffen. Jetzt geht es bloß noch darum, das umzusetzen«, sagt Oberbürgermeister René Wilke (Linke) am Donnerstag bei einer Begehung des Hauses mit Kulturministerin Manja Schüle (SPD), die in einem Plattenbauhochhaus in Sichtweite groß geworden ist. Beide tauschten bei der Gelegenheit Jugenderinnerungen aus. »Ich habe hier, glaube ich, 20-mal ›Dirty Dancing‹ gesehen«, schmunzelt Schüle. Wilke kann sich nicht erinnern, welche Filme er hier angeschaut hat. Er weiß aber noch, dass er mit seinem Vater hingegangen ist und »dass das immer ein besonderes Erlebnis war«.

1907 entstand an der Heilbronner Straße zunächst die Festhalle einer Brauerei. Sie wurde 1919 zum Ufa-Filmtheater umgebaut, das im Zweiten Weltkrieg schwer beschädigt wurde. Ein Luftschutzkeller hat sich erhalten. 1954/55 erfolgte der Wiederaufbau als Lichtspieltheater der Jugend, wobei das Architekturbüro unter Leitung von Wilhelm Flemming das Stahlbetonskelett des vorherigen Kinos sowie die Empore und das Mauerwerk des Bühnentraktes in den Neubau integrierte. Zur Straße wurde ein neuer Eingang im Stil des sozialistischen Klassizismus - der Volksmund sagt dazu Zuckerbäckerstil - davorgesetzt. Er gibt dem Gebäude sein typisches Aussehen. Nach Stalins Tod kam dieser Baustil in den meisten sozialistischen Ländern schnell aus der Mode, in Nordkorea wurde aber weiter Derartiges projektiert und realisiert. Kulturhistorisch ist das Lichtspieltheater bedeutsam. Landesmuseumsdirektorin Ulrike Kremeier nennt es auch nicht anders als Lichtspieltheater. Hier einfach nur von einem Kino zu sprechen, das wäre zu wenig, findet sie.

Das Sanierungs- und Umbauprojekt soll im Mai starten. Dann werde der Architekturwettbewerb europaweit ausgeschrieben, heißt es. Im Dezember soll das Preisgericht sich für einen der eingereichten Entwürfe entschieden haben. Aber auch die unterlegenen Vorschläge sollen im Januar und Februar 2022 in dem Lichtspielhaus ausgestellt werden. Dann wird es dort zwar sehr kalt sein, aber die Frankfurter werden sich warm anziehen und trotzdem kommen, wird erwartet. Denn die Einwohner der Stadt lieben dieses Haus und beklagen, dass es nach seiner Schließung 1998 zunehmend verfiel.

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