Landeseigene Leitungen

Senat beschließt Kauf der Vattenfall-Tochter Stromnetz Berlin für über zwei Milliarden Euro

  • Rainer Rutz
  • Lesedauer: 3 Min.

Das Berliner Stromnetz soll nach fast einem Vierteljahrhundert zurück in öffentliche Hand. Das hat die rot-rot-grüne Regierungskoalition am Dienstag »sehr einvernehmlich« beschlossen, wie Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) im Anschluss an die Senatssitzung betonte. Somit ist der Weg nun frei für den Kauf der Stromnetz Berlin GmbH, bislang eine Tochter des schwedischen Energiekonzerns Vattenfall. Aus den jährlichen Erträgen von Stromnetz Berlin »ist bisher immer ein Scheck nach Stockholm gegangen, jetzt geht ein Scheck nach Berlin«, so Kollatz. Er rechne mit »einem kleinen dreistelligen Millionenbetrag«, der jährlich in den Landeshaushalt fließen werde. Auch deshalb sei er sich »sicher, dass das große Unterstützung in der Berliner Bevölkerung hat«.

Zunächst muss für den Kauf aber erst einmal Geld aufgebracht werden: Insgesamt 2,14 Milliarden Euro werden für die Übernahme des Netzbetreibers mit seinen rund 2,38 Millionen Haushalts- und Gewerbekunden und 35 200 Kilometer Leitungen fällig. Mit Blick auf die nicht zuletzt von der Linken geforderte Übernahme der über 1300 Beschäftigten der Stromnetz Berlin versprach der Finanzsenator: »Wir machen an alle ein Angebot. Wir wollen alle übernehmen.« Und dann noch einmal deutlich: »Niemand wird arbeitslos.«

Um den Kauf endgültig unter Dach und Fach zu bringen, muss das Abgeordnetenhaus zustimmen. Er sei »da ganz optimistisch«, dass der Kauf das Parlament zügig passieren werde, sagte Kollatz. Tatsächlich gilt die Zustimmung dank der Mehrheit des Mitte-links-Bündnisses als gesichert. »Unser Strom wird wieder Berliner! Ein guter Tag für Berlin und die Energiewende«, freute sich beispielsweise Grünen-Fraktionsvorsitzende Silke Gebel. »Rot-Rot-Grün bringt damit die Rekommunalisierung der grundlegenden Infrastruktur Berlins weiter voran«, erklärte auch der energiepolitische Sprecher der Linksfraktion, Michael Efler.

Weitaus weniger begeistert von dem Milliarden-Deal ist die Berliner Opposition. »Ein hoher Preis für die Erfüllung ideologischer Träumereien«, wetterten Christian Goiny und Christian Gräff, der haushalts- und der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, in einer gemeinsamen Erklärung. Wenig überraschend ließen sie es sich nicht nehmen, den Kauf der Stromnetz Berlin in einen Zusammenhang zu stellen mit dem Volksbegehren Deutsche Wohnen & Co enteignen. »Beim Rauswerfen des Steuergeldes ist R2G sehr spendabel nach dem Motto: nach uns die Sintflut«, so Goiny und Gräff weiter.

»Es werden dafür keine Steuermittel eingesetzt«, entgegnete Finanzsenator Kollatz am Dienstag. Die Finanzierung des Kaufs solle vielmehr »außerhalb des Landeshaushalts« über ein Konsortium gestemmt werden, bei dem die landeseigene Investitionsbank Berlin »eine wichtige Rolle« spielen soll, so Kollatz vage. Dabei lehnte er sich kurz auch aus dem Fenster, was die von ihm vermutete Stimmungslage der CDU-Wählerschaft zu der Rekommunalisierung des 1997 von dem damaligen schwarz-roten Senat privatisierten Stromnetzes anbetraf: »Die Antwort sei mir gestattet: Wenn die CDU ihre Wähler fragt, dann werden ihre Wähler das gut finden.«

Klar scheint, dass Kollatz die Beteiligung einer Genossenschaft - anders als von den Grünen gefordert - an einem rekommunalisierten Netzbetreiber wenn überhaupt, dann wohl nur in einem sehr geringem Umfang zulassen will. Die Genossenschaft Bürgerenergie Berlin hatte zuletzt eine Zehn-Prozent-Beteiligung für sich ins Spiel gebracht (»nd« berichtete). Kollatz sprach nun vom Erwerb von vielleicht einem Prozent. Man habe ja schließlich »nichts zu verschenken«.

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