- Politik
- Hass gegen Politiker
»Todeslisten« sind strafbar
Aufstellung über Befürworter der Corona-Maßnahmen vermutlich in Niedersachsen verfasst
Ein mit »Todesliste« betitelter Beitrag im Internet führt die Namen jener Bundestagsabgeordneten auf, die unlängst für das neue Infektionsgesetz gestimmt haben. Dass die Spur zur Urheberin oder dem Urheber der »Todesliste« ins zweitgrößte Bundesland führt, haben das Landeskriminalamt Niedersachsen und die Staatsanwaltschaft Göttingen in einer gemeinsamen Presseinformation mitgeteilt. Demnach richtet sich der Verdacht auf eine Einzelperson: mehr geben die Behörden aus ermittlungstaktischen Gründen nicht preis. Politikerinnen und Politiker, die sich für die bundesweit geltenden Corona-Schutzmaßnahmen ausgesprochen hatten, waren öffentlich im Messenger-Dienst »Telegram« namentlich angeprangert gewesen.
Die Betitelung des Ganzen als »Todesliste« könne als strafbarer Aufruf zum Mord gewertet werden, heißt es seitens der Staatsanwaltschaft. Oberstaatsanwalt Andreas Buick sagte dem NDR: »Wir reden hier von keinem Spaß. Hier geht es tatsächlich darum, Personen einzuschüchtern.« Zu welch tragischer Folge so etwas geführt habe, zeige der Fall des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der im Juni 2019 von einem Rechtsextremisten getötet worden war. Mit Blick auf jenes Geschehen nehme man die »Todesliste« sehr ernst, so Buick, und man setze alles daran, die Verfasser zu ermitteln und zu überführen.
Immer mehr Angriffe und Beleidigungen gegen Kommunalpolitiker: Drei von vier Mandatsträgern betroffen - deutliche Steigerung
Buick betont, dass auch Personen, die solch eine Liste »liken« - also für gut heißen - oder sie weiterleiten, mit Strafverfolgung rechnen müssen. Seit Juli 2020 sind die Strafverfolger in Göttingen als »Schwerpunktstaatsanwaltschaft« zuständig für schwere »Hassdelikte« im Internet. Seither hat sich jene Stelle mit über 160 entsprechenden Verfahren befasst. Besondere Aufmerksamkeit richten die Ermittler auf Bedrohungen, die sich gegen Mandats- und Amtsträger richten. So seien vier Personen ausfindig gemacht worden, die den Mord an Walter Lübcke befürwortet hatten, teilte die Staatsanwaltschaft mit.
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