- Kommentare
- Klimaneutrale Luftfahrtbranche
Hauptsache fliegen
Haidy Damm über die Pläne der Bundesregierung für eine klimaneutrale Luftfahrtbranche
Die Klimakrise ist ja Wahlkampfthema. Da passt die Ankündigung der Bundesregierung gut, dass die deutschen Fluggesellschaften schrittweise auf CO2-freie Treibstoffe umstellen sollen. In dem vorgelegten Stufenplan geht es in erster Linie um den Aufbau und Ausbau der Produktion von sogenanntem Power-to-Liquid-Kerosin. Dabei wird das Flugbenzin hergestellt mithilfe von Strom aus Wasserstoff und CO2. Bis 2030 sollen mindestens 200 000 Tonnen jährlich für den deutschen Luftverkehr zur Verfügung stehen, ein Drittel seines aktuellen Kraftstoffbedarfs.
Das klingt gut, alle könnten weiterfliegen wie bisher - Klimawandel hin oder her. Doch so einfach ist es nicht. Zunächst ist fraglich, ob die Technologie auch für Langstreckenflüge geeignet ist. Bisher gehen Expert*innen von kurzen Flugstrecken aus. Entfernungen also, die auch mit dem Zug zurückgelegt werden könnten. Das steht dem Ziel entgegen, mehr Verkehr auf die Schiene zu verlagern.
Zudem sollte das CO2 aus Klimaschutzperspektive aus nachhaltigen Quellen oder besser noch aus der Atmosphäre kommen. Doch hier hängt die Forschung. Zu teuer und zu aufwendig. Geforscht wird an nicht-vermeidbaren Emissionen, etwa aus der Zementherstellung. Gebaut wird ja eh, der klimaschädliche Baustoff könnte rehabilitiert werden, und es müsste nicht mehr über klimaschonende Alternativen oder gar weniger Betonbauten nachgedacht werden.
Ein weiterer Nachteil: Für die Produktion von Power-to-Liquid-Kerosin wird viel Strom gebraucht. Damit das Ganze nachhaltig ist, müsste der aus erneuerbaren Energien kommen. Doch deren Ausbau hinkt. Deshalb gibt es erste Pläne, den Strom in afrikanischen Ländern produzieren zu lassen. Strom würde in dem Teil der Welt produziert, der im globalen Flugverkehr kaum eine Rolle spielt. Der Neokolonialismus lässt grüßen. Aber Hauptsache, alle können weiter fliegen.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.