- Berlin
- Mietenwahnsinn
Investorenspirale dreht sich weiter
Selbst unter dem Deckel stiegen die Preise für Mietshäuser
»Das Investoreninteresse ist trotz Pandemie und trotz des Berliner Mietendeckels ungebrochen«, sagt Michael Schlatterer bei der Vorstellung des Berliner Wohnmarktreports 2021 am Dienstag. Er ist Leiter der Wertermittlung für Wohnbauten der deutschen Dependance des internationalen Immobiliendienstleistungs- und -investmentkonzerns CBRE. Zusammen mit der Sparkassen-Tochter Berlin Hyp wird der Report jährlich veröffentlicht.
Die Angebotsmieten sind laut der Auswertung in Berlin 2020 demnach erstmals seit Längerem gefallen. Im Mittel um 2,8 Prozent auf 10,15 Euro nettokalt pro Quadratmeter. Angesichts des inzwischen vom Bundesverfassungsgericht kassierten Mietendeckels will Schlatterer das aber nicht überbewerten.
Denn die Kaufpreise zogen 2020 weiter an. Für Mehrfamilienhäuser, also Miethäuser, im Durchschnitt um 4,6 Prozent. Seit 2012 sind die Preise um rund die Hälfte gestiegen. Der Quadratmeter kostete berlinweit rund 3300 Euro. Eigentumswohnungen wurden im Jahresvergleich 2020 sogar um 7,4 Prozent teurer – fast 5000 Euro wurden pro Quadratmeter im Mittel verlangt. Der Preisanstieg seit 2012 lag mit 20 Prozent deutlich niedriger. Die Preise seien nicht direkt vergleichbar, da vor allem Neubauwohnungen als Eigentum verkauft würden, so Schlatterer. Fanden 2015 noch rund 25.000 Eigentumswohnungen einen Käufer, sank die Anzahl seitdem kontinuierlich auf unter 20.000 im letzten Jahr.
Für rund drei Milliarden Euro wurden im Vorjahr – praktisch unverändert zu 2019 – Bestandsmiethäuser in Berlin gekauft. Mindestens 4350 Wohnungen für 944 Millionen Euro kaufte allein der skandinavische Wohnkonzern Heimstaden im vergangenen Jahr in zwei großen Portfoliodeals. Neu kaufte sich auch die Schweizer Empira AG in Berlin mit 416 Wohnungen einer Siedlung an der Heerstraße in Staaken ein. »Es gibt neue Akteure, die die Gunst der Stunde genutzt haben, um bei dem Preisniveau in Berlin einzusteigen«, erklärt Analyst Schlatterer.
»Grundsätzlich sind wir der Meinung, dass gegen Wohnungsknappheit nur eine verstärkte Bautätigkeit hilft und in diesem Zusammenhang etwaige Hindernisse für zusätzlichen Wohnungsbau beseitigt werden müssen«, erklärt Berlin-Hyp-Chef Sascha Klaus. Er fordert einen Runden Tisch nach Hamburger Vorbild. Allerdings hat Berlin bereits 2015 die Hansestadt bei den Baugenehmigungszahlen für Wohnungen – auf die Bevölkerung gerechnet – überholt und seit 2019 bei den Fertigstellungen eingeholt.
Es scheint sich vor allem der späte Wiedereinstieg in den Bau zu rächen. Zumindest eine Atempause verschafft die Corona-Pandemie. Einen Einwohnerzuwachs für Berlin erwartet Schlatterer erst wieder ab dem Jahr 2022 – von da an sollen es aber jährlich 20.000 bis 30.000 Menschen sein.
Treiber im Mietwohnungsbau sind insbesondere die landeseigenen Wohnungsbaugesellschaften. 57 Prozent aller im Jahr 2020 projektierten 36.000 Neubau-Mietwohnungen gingen auf ihr Konto. »Alle im Bau befindlichen Projekte der Howoge werden wir im Zeitplan, einige Große sogar früher fertigstellen«, kündigt deren Geschäftsführer Ulrich Schiller an.
Die oft verbreitete These, dass allein fehlender Neubau für den rasanten Preisanstieg verantwortlich ist, widerlegt der Wohnmarktreport bei einem Blick ins Umland. Obwohl die Einwohnerzahl in Eberswalde 2019 im Vergleich zu 2010 praktisch unverändert blieb, sind die Angebotsmieten allein in den vergangenen fünf Jahren um 20 Prozent gestiegen. Als Preistreiber Nummer Eins identifiziert auch der Wohnmarktreport die globale Liquidität an Finanzmitteln.
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