»Am Sonntag steht Großes bevor«

Die deutsche Fußballerin Melanie Leupolz greift mit dem FC Chelsea nach dem Champions-League-Titel im Endspiel gegen Barca

  • Jana Lange, SID
  • Lesedauer: 5 Min.

Herzlichen Glückwunsch zur englischen Meisterschaft am vergangenen Wochenende! Was bedeutet Ihnen dieser Titel?

Vielen Dank. Ich bin vor einem Jahr zu Chelsea gekommen, um in England auch nationale Titel zu gewinnen. Das ist jetzt nach dem Supercup und dem Ligapokal schon der dritte. Deswegen bin ich natürlich sehr zufrieden mit meiner ersten Saison hier. Aber es wird gleich der Fokus auf das nächste Ziel gerichtet. Da steht am Sonntag auch etwas Großes bevor.

Was haben Sie für Erwartungen an das Champions-League-Finale gegen den FC Barcelona?

Es ist auf Vereinsebene mein größtes Spiel, deswegen bin ich sehr gespannt. Wir haben vor zwei Jahren mit den Bayern gegen Barcelona gespielt, da sind wir ausgeschieden. Da kommt ein großer Gegner auf uns zu. Ich habe auch ihr Spiel gegen Manchester City gesehen, da hat Barcelona total dominiert. Deshalb wird das sicher ein großer Kracher. Es treffen auch zwei Spielstile aufeinander: Barcelona mit viel Ballbesitz, bei uns ist es eher die Physis, das schnelle Umschalten.

Wie nervös sind Sie vor dem großen Endspiel in Göteborg?

Es ist eher ein Gefühl der Vorfreude, weniger der Nervosität. Ich bin so eine Spielerin, die den Druck mag. Und ich weiß um die Qualität in unserer Mannschaft.

Was macht Ihr Team denn so erfolgreich? Der VfL Wolfsburg und Bayern München haben das ja im Viertel- und Halbfinale der Königsklasse schon zu spüren bekommen.

Unser großer Erfolgsfaktor ist unsere Effizienz. Gegen Wolfsburg und Bayern haben wir die Spiele nicht dominiert, sondern waren sehr effizient vor dem gegnerischen Tor. Die Qualität in unserem Kader ist total beeindruckend. Es macht viel Spaß, täglich mit diesen Mädels zu arbeiten. Das sind große Charaktere, bei denen ich mir viel abschauen kann.

Chelsea hat durch den doppelten Finaleinzug mit seinen Frauen und Männern in diesem Jahr schon Einmaliges geschafft. Wie ist der Austausch untereinander?

Wir verfolgen zwar gegenseitig den Erfolg des jeweils anderen Teams, ab und zu sieht man auch etwas auf den Social-Media-Kanälen. Aber ansonsten sind wir sehr getrennt, weil wir uns wegen Corona in unseren eigenen Testblasen bewegen.

Auch mit den Deutschen im Männerteam gab es keine Kommunikation?

Nein, ich kannte die Jungs vorher ja auch nicht. Ich drücke ihnen die Daumen, aber einen Austausch gibt es nicht. Gerade erst habe ich Thomas Tuchel zum ersten Mal im Auto gesehen.

Wie hat er auf Sie reagiert?

Ich glaube, er kannte mich nicht. Aber er hat mir Vorfahrt gegeben, obwohl ich keine hatte. Das war sehr nett. (lacht)

Immerhin ein Gentleman also.

Das passt zumindest zu dem, was unsere Trainerin Emma Hayes über ihn sagt. Sie hat sich mit ihm ausgetauscht und meinte: Absolut toller Mensch, er interessiere sich auch für den Frauenfußball des Vereins.

Was schätzen Sie denn an Ihrer eigenen Trainerin?

Emma Hayes hat einen sehr trockenen Humor und ist gleichzeitig eine absolute Führungsperson mit dieser Gewinner-Mentalität. Sie hasst es zu verlieren, aber setzt auch alles daran, dass man gewinnt, in jedem Training. Da werden immer 100 Prozent gefordert, von ihren Spielerinnen, vom Betreuerstab - und auch von sich selbst.

Wie lautet Ihr Fazit über Ihr erstes Jahr hier in England, auch im Vergleich zur Bundesliga?

Es ist ein Stück weit eine andere Art Fußball. Obwohl ich finde, dass wir einen ähnlichen Fußball wie der FC Bayern spielen. Deshalb habe ich mich vielleicht auch so schnell eingewöhnt. Ansonsten ist etwas mehr Tempo drin beim Kontern, weil das einfach das englische Spiel ist. Bei den Strukturen wird in der englischen Liga viel Wert darauf gelegt, dass alle Vereine Regularien erfüllen. Es macht super viel Spaß, weil das Niveau rund um den Frauenfußball sehr professionell ist.

Die Sichtbarkeit der Fußballerinnen ist in England auch deutlich höher?

Ja, jetzt wurde ein neuer TV-Vertrag unterschrieben. Das spricht für die Wertschätzung hierzulande. Es wird sehr viel Geld in den Frauenfußball investiert. Das wird im europäischen Fußball auf jeden Fall ein Vorteil sein.

Und wie würden Sie Ihre persönliche Entwicklung seit dem Wechsel nach England beschreiben?

Allein schon an der Entscheidung, ins Ausland zu gehen, bin ich gewachsen. Ich musste mich an die Trainingsintensität gewöhnen, auch an die Physis im Spiel selbst. Hier werden kaum Fouls gepfiffen, was meinem Spiel eigentlich zugutekommt (lacht). Die Saison lief gut, ich habe ein paar Tore geschossen, hatte viele Einsatzminuten, bin ein wichtiger Bestandteil dieser Mannschaft geworden. Parallel habe ich meine Englischkenntnisse verbessert. Ich bin sicher, dass ich mich als Spielerin und als Mensch weiterentwickeln konnte.

Obwohl Sie viel spielen, tun sich die englischen Kommentatoren mit Ihrem Nachnamen noch immer schwer.

Meine Teamkolleginnen können ihn auch nicht. Sie sagen spaßeshalber Lopez zu mir. Das ist einfacher.Gespräch: Jana Lange, SID
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