Polizist wegen Verhöhnung von Anne Frank entlassen

Verwaltungsgericht Berlin weist Eilantrag gegen Rauswurf zurück – Brandenburg will Antisemitismusklausel in der Verfassung verankern

  • Andreas Fritsche
  • Lesedauer: 3 Min.

Der Mann, Jahrgang 1993, war seit April vergangenen Jahres als Polizeikommissaranwärter im Beamtenverhältnis auf Widerruf. Im Mai 2020 stellte er in einer Chatgruppe von 25 Nachwuchskräften der Berliner Polizei ein bearbeitetes Foto ein. Es zeigte das jüdische Naziopfer Anne Frank auf eine Pizzaverpackung mit der Aufschrift »Die Ofenfrische«. Zu einem weiteren Foto von Anne Frank war die Option »mit Stern bewerten« hinzugefügt.

Das rechtfertigt die sofortige Entlassung des Polizeianwärters. So entschied das Verwaltungsgericht Berlin, wie sein Pressesprecher Dominic Hörauf am Dienstag mitteilte. Das Gericht wies einen Eilantrag des Mannes gegen seine Entlassung zurück. Dieser Mann habe mit seinem Verhalten eine antisemitische, menschenverachtende und diskriminierende Gesinnung an den Tag gelegt, er sei charakterlich nicht geeignet für den Polizeidienst, wurde der Beschluss begründet. »Eine derart verharmlosende und ignorante Bezugnahme auf die Geschichte des Nationalsozialismus und der damit einhergehenden Massenvernichtung von Juden sei mit den Werten des Grundgesetzes nicht vereinbar und sei daher nicht hinzunehmen.« Damit einher gehe, dass die Staatsanwaltschaft Ermittlungen einleitete wegen begründeten Verdachts der Volksverhetzung und der Verunglimpfung des Andenkens Verstorbener.

Parallel zu diesem Fall aus Berlin überlegt das Nachbarland Brandenburg, eine Antisemitismusklausel in die Landesverfassung aufzunehmen. SPD-Landtagsfraktionschef Erik Stohn schlägt vor, Paragraf 7a entsprechend zu ergänzen. Dort steht bislang ein Satz: »Das Land schützt das friedliche Zusammenleben der Menschen und tritt der Verbreitung rassistischen und fremdenfeindlichen Gedankenguts entgegen.«

Stohn versicherte: »Für Antisemitismus ist kein Platz in Brandenburg.« Präzise hätte er besser formuliert: »Für Antisemitismus soll kein Platz sein in Brandenburg.« Schließlich werden immer wieder Fälle gemeldet. Es werden Synagogen, Friedhöfe oder Gedenkstätten geschändet, aber auch Menschen bedroht und beleidigt. Für das Jahr 2020 zählte die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus 147 Vorfälle in Brandenburg (in Berlin waren es 1004 Vorfälle).

SPD-Politiker Stohn erklärte am Dienstag, er beobachte mit großer Sorge antisemitische Demonstrationen und das Verbrennen israelischer Flagge, wozu es in Berlin und anderen deutschen Städten angesichts wechselseitiger palästinensischer und israelischer Raketenangriffe gekommen ist. Der Kampf gegen Antisemitismus und der Schutz der jüdischen Bevölkerung sollen als sogenannte Staatsziele in der brandenburgischen Verfassung verankert werden. Das wäre erst einmal nicht viel mehr als eine Willensbekundung. Stohn schlägt aber vor, »das ganze Tableau des Rechtsstaats« einzusetzen und notfalls vor Vereinsverboten nicht zurückzuschrecken.

CDU-Fraktionschef Jan Redmann unterstützte die Idee einer Antisemitismusklausel. »Wir sind vor dem Hintergrund der deutschen Geschichte gehalten, hinter Jüdinnen und Juden zu stehen«, sagte er. Für Grünen-Fraktionschefin Petra Budke ist das gar keine Frage. »Wir setzen uns selbstverständlich und schon lange dafür ein.«

Auch Linksfraktionschef Sebastian Walter kann sich für den Vorschlag erwärmen. Eine solche Antisemitismusklausel sei wichtig, damit Juden in Brandenburg keine Angst haben müssten. Man sollte sich dann aber »ehrlich machen«. Wer Kontakt zu Antisemiten habe, wie Landtagsvizepräsident Andreas Galau (AfD), der müsse abgewählt werden, forderte Walter. Angesprochen auf Freunde der Palästinenser in der Linkspartei versicherte Walter: »Sie werden in unserer Partei keine Antisemiten finden.« Den aktuellen Nahostkonflikt müsse man allerdings »differenziert beurteilen«. Die Linke wolle, »dass auf beiden Seiten die Waffen schweigen, dass es eine politische Lösung gibt«. Es sollen keine Menschen, insbesondere keine Zivilisten sterben. Walter betonte: »Es ist völlig klar, dass die Gründung Israels eine Antwort auf die Shoa ist.«

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