Hausprojekt wehrt sich gegen Verdacht

Die Ermittlungsbehörden verfolgen im Fall der Brandanschläge zur »Jagow15« eine umstrittene Spur

  • Martin Kröger
  • Lesedauer: 3 Min.

Die Berliner Polizei hat am Freitag einen 19-jährigen Bewohner des linken Hausprojekts »Jagow15« in Spandau festgenommen. Außerdem wurden seit 8 Uhr am Morgen die Räumlichkeiten und Kellerräume des Verdächtigen durchsucht. Laut Polizei hat der Staatsschutz beim Landeskriminalamt einen Durchsuchungsbeschluss wegen des Verdachts der Brandstiftung vollstreckt, den die Generalstaatsanwaltschaft Berlin beantragt hat. »Es wurden Beweismittel gefunden und sichergestellt. Ein Verdächtiger wurde festgenommen«, hieß es in einer ersten Polizeimitteilung.

Das »nd« hatte in den vergangenen Wochen häufig und als eine der ersten Tageszeitungen in Berlin über die Brandstiftungen und die Bombendrohungen gegen das Hausprojekt berichtet. Bisher waren die mutmaßlichen Täter*innen unter Rechtsextremist*innen vermutet worden.

Die Festnahme eines Bewohners könnte nun einen Wendepunkt in den Ermittlungen darstellen. Auf nd-Nachfrage sagte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft Berlin, Martin Steltner, man müsse jetzt schauen, was man konkret nachweisen könne. »Wir sind mitten in den Ermittlungen«, so Steltner. In einer am Freitag verbreiteten Presseerklärung der Behörde hieß es zudem: »Im Zuge der Ermittlungen, die in alle Richtungen geführt wurden und weiterhin werden, ergab sich ein Verdacht gegen einen Bewohner des betroffenen Hauses in der Jagowstraße.« In einer Erklärung der Generalstaatsanwaltschaft war zuerst auch von einer »Einlieferung« die Rede, offensichtlich ein in diesem Zusammenhang missverständlich genutzter Begriff, denn beispielsweise eine Einweisung in ein Krankenhaus gab es nicht. Gemeint war die Einlieferung in eine Gefangenensammelstelle.

Der Festgenommene wurde noch am Freitag wieder freigelassen, erklärte das linke Hausprojekt in einer Stellungnahme: »Ein Hausbewohner wurde unter abstrusen Anschuldigungen festgenommen und schlussendlich nach mehreren Stunden wegen haltloser Beweislage wieder freigelassen.« Die Betroffenen forderten außerdem »eine klare Richtigstellung« von der Polizei und den Medien ein, die über die Ermittlungen der Behörden berichtet hatten. Darüber hinaus verlangten sie eine Erklärung dafür, dass die Polizei einen Durchsuchungsbeschluss erwirken konnte. »Es ist unglaublich, wie vage Verdächtigungen zu Gewissheiten gemacht werden«, hieß es seitens des Projekts. Das Vorgehen der Behörden sei »skandalös« und »nicht hinnehmbar«.

Zuletzt waren am vorvergangenen Wochenende Menschen in einer Solidaritätsdemonstration für die Bewohner*innen des Projekts auf die Straße gegangen. Hintergrund dafür war, dass Anfang April dieses Jahres in einem Hausflur des Projekts Möbel, darunter ein Regal und ein Sofa, angezündet worden waren. Die Bewohner*innen löschten selbst das Feuer. Zuvor waren Schmierereien mit einem rechtsextremen Hintergrund in dem Gebäude entdeckt worden. Mitte April wurden dann zwei alte Autos im Innenhof angezündet und zerstört. Ein Carport und ein Schuppen brannten ebenfalls ab. Kurz danach gab es eine Bombendrohung.

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Das Wohnprojekt »Jagow15« ist Teil des »Mietshäuser Syndikats«, eines Verbundes von mehr als 150 autonomen, selbstverwalteten Mietshäusern, Hausprojekten und Projektinitiativen in ganz Deutschland. In Berlin gibt es insgesamt 20 solcher Wohnprojekte. Für die Bewohner*innen steht weiter fest: »Wir gehen weiterhin davon aus, dass rechte Strukturen hinter den Angriffen stecken und sind tief erschüttert davon, wie die Ermittlungsbehörden hier arbeiten.«

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