Totenstille in Bremen

Werder kämpft nach dem Abstieg ums sportliche Überleben

  • Lars Reinefeld, Bremen
  • Lesedauer: 2 Min.

Als der erste Bundesligaabstieg seit 41 Jahren feststand, war es im Bremer Weserstadion totenstill. Für eine gefühlte Ewigkeit hörte man kein einziges Geräusch, auch aus den Bereichen vor dem Stadion, wo Hunderte Anhänger mitgebangt hatten, drang kein Laut in die Arena, die schon so viele Fußballwunder erlebt hatte. Nach den Siegen von Bielefeld und Köln, das sich so in die Relegation gerettet hatte, kam der Absturz in die zweite Liga für den SV Werder nach Jahren des sportlichen und wirtschaftlichen Niedergangs nicht überraschend, traf den Klub mit den meisten Erstligaspielen aber dennoch mit voller Wucht.

»Es herrscht eine große Leere«, sagte Vereinslegende Thomas Schaaf, der bei seiner einwöchigen Rettungsmission das leblose und nicht erstligataugliche Team auch nicht mehr auf Kurs bringen konnte. Mit brüchiger Stimme kommentierte der Interimsnachfolger des eine Woche vor dem letzten Saisonspiel freigestellten Florian Kohfeldt den Abstieg. Über die Zukunft wollte der 60-Jährige in diesem Zustand tiefer Enttäuschung nicht reden.

Und doch werden sie an der Weser so schnell wie möglich mit den Planungen für die Zweitligasaison beginnen müssen. Schon Ende Juli beginnt die neue Spielzeit - mit vielen namhaften Gegnern wie dem HSV, Schalke, Düsseldorf, Hannover oder Nürnberg. »Es müssen jetzt schnell, aber auch sorgfältig Entscheidungen getroffen werden«, sagte Sportchef Frank Baumann, an dem sich nach dem 2:4 gegen Mönchengladbach die Wut der Fans entlud. »Baumann raus«-Rufe hallten von der Franz-Böhmert-Straße ins Stadion.

Das Ziel für die neue Spielzeit ist klar: direkter Wiederaufstieg. Doch eben das dürfte nicht einfach werden. Ein Abstieg kommt nie zu einem günstigen Zeitpunkt, doch Werder trifft er im schlechtmöglichsten Moment: noch mitten in der Pandemie, die sämtliche Finanzreserven hat wegschmelzen lassen und den Klub finanziell ums Überleben kämpfen lässt. Bis Ende Juni müssen Transfererlöse her, sonst droht der Abzug von sechs Punkten, weil die Lizenz nur unter Bedingungen erteilt wurde. Doch welche Spieler sollen das Geld bringen? Selbst Milot Rashica oder Maximilian Eggestein, einst Kandidaten für einen lukrativen Verkauf, haben in den letzten beiden Jahren deutlich an Wert eingebüßt.

Ein großes »Tschüss« stand auf der Anzeigentafel, als die Mannschaft aus Angst vor den eigenen Fans durch einen Hinterausgang das Stadion verließ. Immerhin: Fast alle Spieler haben auch Verträge zu stark reduzierten Bezügen für die Zweite Liga. Aber selbst der Verbleib der Verantwortlichen um Aufsichtsratchef Marco Bode und Baumann ist noch nicht sicher.dpa/nd

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