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Im Zweifel kämpfen
Die »Köpi« kündigt Widerstand an, sollte der Verein den Räumungsprozess verlieren
»Köpi bleibt« steht mit weißer Schrift auf einem schwarzen Banner. Sechs Personen stehen am Dienstagvormittag vor dem verschlossenen Eisentor der Köpenicker Straße 137 in Berlin-Mitte und halten das beschriebene Stück Stoff hoch. Davor sitzen zwei Pressesprecher*innen, auffällig chic in grauen Anzügen, und Moritz Heusinger, der Anwalt der Bewohner*innen des »Köpi«-Wagenplatzes.
Diese hatten im Februar einen Räumungsbescheid von einem neuen Eigentümer, einer Firma namens Startezia, erhalten. Der Räumungsaufforderung des ihnen dubios erscheinenden Besitzers sind die Bewohner*innen des »Köpi«-Wagenplatzes - wenig überraschend - nicht nachgekommen. Daraufhin wurde ein Räumungsprozess eingeleitet. Nun steht das Datum der Gerichtsverhandlung fest: Am 10. Juni soll der Prozess beginnen.
Deshalb haben die Bewohner*innen nun zu einer Pressekonferenz geladen. 15 Minuten lang lesen die Pressesprecher*innen ihr fundiertes Statement vor: Sie haben vor allem Zweifel an der Eigentümerin Startezia und deren Vorhaben.
»Startezia ist nur eine Briefkastenfirma, die letztlich zur Sanus AG zurückgeführt wird«, sagt eine der Sprecher*innen. Das Unternehmen Sanus AG sei für intransparente Spekulationsspielchen bekannt. »Die ›Köpi‹ bezweifelt ernsthaft, dass der Wagenplatz überhaupt mit einer unmittelbaren konkreten Bauabsicht geräumt werden würde«, erklärt die Sprecherin zudem und verweist auf ähnliche Fälle: Mit der Brachfläche Braunschweiger Straße 21 in Neukölln hätte die Sanus innerhalb von nur drei Jahren 18 Millionen Euro Gewinn erzielt.
»Dieses Grundstück wurde mit einem Vertrag, einem sogenannten Letter of Intent, durch den jetzt verklagten Verein genutzt«, sagt Anwalt Moritz Heusinger. Heusinger hat viel Erfahrung mit linken Projekten, die von Gentrifizierung bedroht sind oder bereits plattgemacht wurden. Ihm sei wichtig, klarzustellen, dass das Grundstück nicht besetzt ist. »Nachdem es einmal als leere Fläche einfach in Besitz genommen wurde, solange nicht einmal klar war, wer der Eigentümer ist, und als das Grundstück dann versteigert wurde, gab es einen Vertrag, der dem Verein Köpi Wagenplatz die Nutzung erlaubt«, sagt Heusinger. Seitens der gegnerischen Anwälte werde immer wieder versucht, den Verein zu kriminalisieren, fährt er fort. Dabei müsse man jetzt wie bei einem auslaufenden Mietvertrag diskutieren, was mit diesem Vertrag nun passiere. »Das passiert jetzt in der Gerichtsverhandlung«, sagt er. Was dabei herauskommen wird, sei noch unklar. Es zeichne sich aber ab, dass ein weiterer Kampf um einen linken Freiraum in vollem Gange sei.
Unter dem Motto »Don’t wait ’til it’s too late!« (Wartet nicht, bis es zu spät ist!) findet am Nachmittag nach der Pressekonferenz eine Kundgebung vor dem Büro der Sanus AG am Kaiserdamm in Charlottenburg-Wilmersdorf statt. »Dann ist der Protest dort, wo er hingehört und nicht nur vor unserer Haustür«, sagt ein Sprecher. Für die kommenden Wochen sind bereits mehrere weitere Aktionen geplant.
Die »Köpi« will sich Gehör verschaffen und sie baut auf Unterstützer*innen. Im Falle, dass der Prozess verloren und von staatlicher Seite versucht werden würde, den »Köpi«-Wagenplatz zu räumen, käme es zu starken Auseinandersetzungen. »Die ›Köpi‹ ist ein sehr großes Symbol der linksautonomen Szene. Man kann sich kreativ ausmalen, was passieren wird, wenn wir angefasst werden«, sagt der Sprecher. »Wir gehen davon aus, dass dezentrale Aktionen passieren werden und wir werden weiterhin Kundgebungen und Demonstrationen veranstalten«, fügt die Sprecherin hinzu. Die Strategie laute also: versuchen, den Prozess zu gewinnen, aber im Zweifel trotzdem weiterkämpfen.
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