Kundin zahlt nur für erhaltene Vorschläge
das geschäft mit der liebe: BGH stärkt verbraucherrechte
Aus der Suche nach Zweisamkeit im hohen Alter ist für eine Seniorin aus Nordrhein-Westfalen ein Ritt durch die Instanzen der deutschen Justiz geworden. Vom Landgericht Aachen über das Oberlandesgericht Köln ist sie bis vor den Bundesgerichtshof (BGH) gezogen, um Geld von der Partnervermittlungsagentur Glück für Zwei zurückzubekommen.
8330 Euro hatte die alleinstehende Seniorin einst gezahlt für 21 Partnervorschläge. Nun kam es zum Rechtsstreit vor dem Bundesgerichtshof (Az. III ZR 169/20), weil die Partnervermittlungsagentur nicht zahlen wollte. Die Karlsruher Richter stärkten mit ihrem Urteil vom 6. Mai 2021 der Frau - und damit wohl auch anderen Kunden solcher Institute - den Rücken. Es kommt aber auf Details an
Im konkreten Fall hatte die Seniorin aus dem Raum Aachen - damals Mitte 70 - im Mai 2018 auf eine Kontaktanzeige eines vermeintlichen Herrn im örtlichen Wochenblatt reagiert. Die Nummer gehörte aber der Koblenzer Agentur »Glück für Zwei«. Einen Tag später kam ein Mitarbeiter mit einem Vertrag, den sie unterschrieb: Das Institut soll ihr 21 passende Kandidaten vorschlagen.
Am nächsten Tag holte »Glück für Zwei« das Geld ab. Dabei brachte der Bote die ersten drei Partnervorschläge mit. Einen der Herren traf die Frau dreimal, dann wollte er nicht mehr. Die anderen beiden waren nach ihren Angaben vergeben. Eine Woche nach Vertragsschluss kündigte die Seniorin. Unmittelbar danach bekam sie noch 17 Kandidaten vorgeschlagen.
Jetzt kommen die juristischen Kniffligkeiten: Die Frau hatte eine Erklärung unterzeichnet, dass sie ihr Widerrufsrecht verliere, wenn der Vertrag seitens der Agentur vollständig erfüllt sei. Die Agentur argumentierte, sie habe gemäß Vertrag 21 Vorschläge zusammengestellt.
Das sah der dritte Zivilsenat am BGH allerdings anders: Für den Kunden sei allein die Zusendung der ausführlichen Partnervorschläge mit Namen und Kontaktdaten von Bedeutung. Und hiervon hatte die Klägerin bis zu ihrer Kündigung eben erst drei bekommen.
»Darüber hinaus ist der Kunde auch darauf angewiesen, dass die Partnervorschläge zu dem Zeitpunkt, zu dem er sie zu einer Kontaktanbahnung nutzt, noch aktuell und bis dahin gegebenenfalls ergänzt und aktualisiert worden sind«, hieß es in der Urteilsbegründung weiter. Kurzum: Die Richter wiesen die Revision der Agentur zurück. Nach dem Urteil des Oberlandesgerichts muss die Partnervermittlungsagentur 7139 Euro zurückzahlen. Der Wertersatzanspruch der Agentur sei nach dem Widerruf »zeitanteilig« zu berechnen, so der BGH.
Der Fall hat zwar seine Besonderheiten und ist somit nicht ohne Weiteres auf andere übertragbar. An sich ist die Thematik aber weit verbreitet, wie Iwona Husemann, Rechtsreferentin bei der Verbraucherzentrale NRW, schon anlässlich der mündlichen Verhandlung vor zwei Wochen gesagt hatte. »In der Regel funktioniert das System so«, erklärte sie. Und eines sei allen Fällen gemeinsam: »Wir reden hier immer über hohe Summen ab 5000 Euro aufwärts.«
Der Anwalt von »Glück für Zwei« hatte vor dem BGH betont, welchen Aufwand die Agentur für jeden Kunden betreibe: der ausführliche Hausbesuch, die individuelle Zusammenstellung des »Partnerdepots«, die persönliche Betreuung. Nach dem Urteil gibt es aus Koblenz keinen Kommentar.
Die Klägerin selbst will sich nicht öffentlich äußern. Ihr Anwalt Jürgen Teutsch sagte aber, seine Mandantin freue sich. Ob sie inzwischen auf anderem Wege ihr Glück gefunden hat, wisse er nicht. dpa/nd
Vorinstanzen: OLG Köln (Urteil vom 25. Juni 2020), LG Aachen (Urteil vom 23. Oktober 2019), EuGH (Urteil zu Parship vom 8. Oktober 2020).
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