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Kein Nachschub für Israels Kriegsmaschine
Hafenarbeiter im italienischen Ravenna leisten einen konkreten Beitrag zum Frieden im Nahen Osten
Ravenna ist eine Stadt in Mittelitalien mit einem kleinen Hafen an der nördlichen Adria. Von hier aus sollte eigentlich am 3. Juni ein Schiff in Richtung Ashdod in Israel, unweit des Gazastreifens, auslaufen. Das geschieht in Ravenna des Öfteren - aber dieses Mal war alles anders. Die »Asiatic Liberty« der staatlichen israelischen Großreederei Zim hätte einen oder mehrere Container mit Kriegsmaterial laden sollen. Für die Hafenarbeiter von Ravenna und ihre Gewerkschaften aber war das unerträglich.
»Die Möglichkeit ist groß, dass dieses Material genutzt werden könnte, um einen Krieg anzufeuern, der schon Hunderte von Toten gekostet hat, darunter Kinder, Frauen und Alte und vor allem Zivilpersonen«, gaben die drei größten Transportgewerkschaften Italiens bekannt. Sie proklamierten also für den 3. Juni, allein für alle Operationen, die diesen besonderen Transport betreffen würden, einen Streik. Gleichzeitig organisierten sie eine Blockade, um zu verhindern, dass das Material überhaupt auf das Hafengelände gelangen könnte.
»Die Arbeitswelt«, so heißt es in der Erklärung weiter, »und die Hafenarbeiter von Ravenna wollen mit diesem konkreten Akt dazu beitragen, dass man für den Konflikt zwischen Israel und Palästina eine Lösung findet, der für die beiden Völker einen dauerhaften Frieden garantiert und gleichzeitig ihr Recht schützt, friedlich in einem freien und unabhängigen Staat zu leben. Nur so kann man einen Krieg beenden, der in den vergangenen Jahrzehnten Zigtausende unschuldige Opfer gefordert hat.«
Container mit Gefahrgut können im Hafen von Ravenna nicht gelagert werden. Deshalb hätten sie aus Norditalien, wo sie provisorisch untergebracht waren, auf dem Landweg und mit einer Polizei- oder Militäreskorte nach Ravenna transportiert werden müssen - und das erst, wenn das zu beladende Schiff bereits am Kai liegt. Dann hätte ein besonderer Kran die Container direkt in einen geeigneten und abgeschotteten Bereich der »Asiatic Liberty« hieven sollen.
Auch die Stadtverwaltung hatte sich mit den Hafenarbeitern solidarisiert. »Wir sind davon überzeugt, dass es extrem wichtig ist, die Mobilisierung der Völker zu unterstützen, die es überall auf der Welt für den Frieden im Nahen Osten gibt, obwohl sie von der Politik und den Medien totgeschwiegen wird«, heißt es in einer Bekanntmachung.
Wenige Stunden, nachdem die Gewerkschaften und die Genossenschaft der Hafenarbeiter den Boykott angekündigt hatten, wurde der Waffentransport von der Reederei ohne Angabe von Gründen abgeblasen. Und so verzichteten auch die Gewerkschaften auf ihre Aktion. »Die Hafenarbeiter von Ravenna«, erklärten sie daraufhin, »wissen sehr wohl, dass sie mit ihrem Akt für den Frieden zwischen dem israelischen und dem palästinensischen Volk in keiner Weise zur Lösung des Konflikts beigetragen konnten. Trotzdem meinen sie, dass die Aktion notwendig und unverzichtbar war. Die einzige Art, um sich dem Krieg friedlich zu widersetzen, ist es, aktiv dagegen Stellung zu beziehen - und das jedes Mal, wenn sich dazu eine Gelegenheit bietet.«
Die italienischen Hafenarbeiter sind für ihre pazifistische und antifaschistische Einstellung bekannt. Im Mai letzten Jahres wurde in Genua, dem größten Hafen Italiens, die Organisation »Weapon Watch« gegründet, eine Beobachtergruppe zu Waffentransporten über die europäischen und Mittelmeerhäfen. Ziel ist es, »diese Waren sichtbarer zu machen« und eine »Geografie der Waffenhändler« auszuarbeiten, die »sie über unsere Häfen transportieren«.
So ist es auch möglich, Kollegen in anderen Häfen auf die Waffentransporte aufmerksam zu machen. In den letzten Wochen hatte es bereits in den Häfen von Livorno und Neapel Protestaktionen gegeben, obwohl klar ist, dass diese Lieferungen nicht illegal sind, da es kein Waffenembargo für Israel gibt. Der erste Streik wurde aber in Ravenna ausgerufen. Nicht bekannt ist allerdings, woher diese Waffen kamen, das heißt, ob italienische oder andere europäische Unternehmen dahinter stecken.
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