Die Frage nach der Schule: »Was will ich werden?«

hilfe bei der Berufsorientierung

  • Hendrik Polland
  • Lesedauer: 4 Min.

Wellness, Fitness, gesunde Ernährung: Auf Instagram oder Youtube sind das große Themen, für die sich auch viele Jugendliche interessieren. Eine passende Berufsausbildung, in der es um genau diese Inhalte geht, nennt sich Diätassistent*in. Das klingt für viel Jugendliche nicht besonders ansprechend. Aber wie sehr beeinflussen solche, eher unattraktiv klingende Bezeichnungen wirklich die Berufswahl?

»Meine Erfahrung aus der Berufsberatungspraxis ist, dass sich die Jugendlichen unter vielen Berufen wenig vorstellen können«, sagt Sarah Müller, Berufsberaterin bei der Bundesagentur für Arbeit in Bremen. Deshalb gehen viele vor allem danach, was sie aus der Familie kennen, wovon sie schon gehört haben oder was sie sich selbst irgendwie erklären können.

Berufsname als Aushängeschild

Das reproduziert Muster: »Die Mädchen wollen immer noch sehr gerne in kaufmännischen Berufen arbeiten«, so Sarah Müller. Auch medizinische, zahnmedizinische Fachangestellte und Pflege gehörten dazu. Die Jungen würden sich zwar ebenfalls für kaufmännische Berufe entscheiden, hauptsächlich aber für »etwas handwerkliches«, beispielsweise als Kfz-Mechatroniker, Tischler oder Anlagenmechaniker für Sanitär und Klimatechnik.

Dass sie dadurch mitunter Chancen vergeben, ihr Potenzial in unbekannteren Berufen einzusetzen, ist den Wenigsten bewusst. »Berufe, unter denen Jugendliche sich nichts vorstellen können oder die unattraktiv klingen, werden oft im Vorfeld ausgeschlossen und nicht weiter beachtet«, sagt Monika Hackel vom Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB). Das träfe selbst dann zu, wenn deren Tätigkeiten zu ihnen passen würden. Der Berufsname als Aushängeschild sei daher im Berufswahlprozess nicht zu unterschätzen. Hinzu kommt, dass Jugendliche zum Teil vermuten, »dass sie eher Anerkennung mit Berufen erfahren, in denen mit dem Kopf statt mit den Händen gearbeitet wird«, so Monika Hackel.

Das stellt manche Arbeitgeber vor ein Problem. Marion Presek-Haster vom Bundesinnungsverband des Gebäudereiniger-Handwerks (BIV) sieht darin einen Anhaltspunkt, warum seit Jahren »eine akademische Ausbildung der dualen vorgezogen« wird. Zusätzlich spiele beim Nachwuchsmangel »sicher der demografische Wandel« hinein.

Gleichwohl habe es auch mit dem Image eines Berufes zu tun, das sich über den Namen ableitet. »Wenn die Leute an Gebäudereinigung denken, dann denken sie an die klassische Putzfrau. Dabei ist dieses Handwerk ein anspruchsvoller Ausbildungsberuf.«

Einige Branchen reagieren auf den Wandel inzwischen mit mehr gezielter Kommunikation und breitgestreuten Nachwuchskampagnen. Wo es möglich ist, hat sich zudem eine geschlechterübergreifende Ansprache durchgesetzt.

Bessere Orientierung an Schulen

André John vom Zentralverband Elektrotechnik- und Elektronikindustrie (ZVEI) nennt als Beispiel den IT-Systemelektroniker. Der Beruf ist seit jeher männerdominiert, weshalb er generell für mehr Berufsorientierung an den Schulen plädiert. Die technikorientierten Berufe gerieten bei vielen Frauen gar nicht in das Blickfeld. Wenn Technik aber schon im Unterricht vorkäme, könnten sie sich viel eher davon angesprochen fühlen.

Würde es nicht auch helfen, manche Ausbildungen attraktiver oder verständlicher zu benennen? In einigen Berufsverbänden wird darüber nachgedacht. So habe man schon Ende der 1990er Jahre festgestellt, dass sich auf Stellen der »Mediengestalter/in Digital und Print« deutlich mehr Frauen bewarben als auf die Vorgängerberufe »Schriftsetzer/in« und »Druckvorlagenhersteller/in«, heißt es beim BIBB.

Andersherum sollen sich mehr Männer angesprochen fühlen, wenn in weiblich dominierten Berufen ein männliches Gegenstück im Namen vorkommt, etwa neuerdings der Pflegefachmann oder der Erzieher.

André John warnt aber davor, einen Namen nur zu Marketingzwecken zu vergeben. Frauen und Männer sollten etwas machen, weil sie das möchten. »Deswegen muss ein Berufsname schon ausdrücken, was darin vorkommt.«

Berufsberaterin Sarah Müller empfiehlt Jugendlichen, auch im Alltag mehr darauf zu achten, was die Menschen im größeren eigenen Umfeld beruflich machen. Sie sollten aktiv das Gespräch über Berufe mit Familie, Freunden und Bekannten suchen.

Hilfreich sei die Frage: Wie verbringe ich gerne meine Freizeit? Kann man das vielleicht zum Beruf machen? »Viele junge Menschen können nach genauerer Beobachtung zumindest Berufsbereiche benennen, die sie interessant finden«, sagt Sarah Müller. Dann würden sich beispielsweise Praktika, der Girls'Day und der Boys'Day oder Messebesuche eignen, um Berufe und Tätigkeiten in diesen Bereichen kennenzulernen. dpa/nd

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