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Dänen überwachten Kanzlerkandidaten
Der dänische Geheimdienst kooperierte mit der NSA am Kopenhagener Internetknotenpunkt
Der dänische Militärgeheimdienst Forsvarets Efterretningstjeneste (FE) hat an einem zentralen Internetknotenpunkt nahe Kopenhagen im Auftrag des US-Nachrichtendienstes National Security Agency NSA europäische Spitzenpolitiker*innen aus Norwegen, Schweden, Frankreich, den Niederlanden und auch Deutschland abgehört. Dänische und deutsche Medien berichten, dass die dänische Regierung spätestens im Jahr 2015 davon Kenntnis gehabt haben muss, als im Zuge der NSA-Affäre die Hinweise des US-Informanten Edward Snowden untersucht wurden.
Zu den in Deutschland überwachten Politikern zählt auch der damalige SPD-Kanzlerkandidat Peer Steinbrück. Martina Renner, seinerzeit Obfrau der Linken im NSA-Untersuchungsausschuss des Bundestages, zeigte sich im Gespräch mit «nd» wenig überrascht und verwies auf die intensiv untersuchte und vergleichbare Kooperation des Bundesnachrichtendienstes BND mit der NSA.«Krokodilstränen sind deshalb ebenso überflüssig wie die Mär von einer effektiven Kontrolle der Geheimdienste.» Auch Parteikollege und Mitglied des Parlamentarischen Kontrollgremiums André Hahn kritisiert die Geheimdienstroutinen: «Für mich besteht inzwischen kein Zweifel mehr, dass die NSA ihre rechtswidrigen und mindestens höchst fragwürdigen Aktivitäten in und gegen Deutschland bis heute ungeniert fortsetzt.»
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Im Zuge der Snowden-Enthüllungen war auch die Überwachung des damaligen Außenministers Frank Walter Steinmeier (SPD) und von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) aufgedeckt worden. Ihr Ausspruch «Ausspähen unter Freunden - das geht gar nicht» wurde prägend für die öffentlich kommunizierte Haltung der Bundesregierung, die jedoch zeitgleich ein BND-Gesetz auf den Weg brachte, das exakt diese Ausspähaktionen legitimierte. Die deutsche Rolle in Geheimdienstkooperationen sieht auch Grünenpolitiker Konstantin von Notz kritisch. «Abhören unter Freunden geht volle Kanne. Auch der deutsche Auslandsnachrichtendienst, der BND, beteiligte sich an solchen Praktiken und war Teil eines Ringtausches.» Notz verweist auf Urteile des Bundesverfassungsgerichtes, die die Praktiken bemängelten.
SPD-Politikerin Susanne Mittag mahnt, der NSA-Untersuchungsausschuss habe seinerzeit nicht alles ausermitteln können. «Wir sollten mit unseren dänischen Nachbarn das Gespräch suchen, um in Zukunft zu vermeiden, dass Freunde sich untereinander ausspionieren.
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