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Nur ein laues Lüftchen für mehr Windkraft
Sachsens Energie- und Klimaprogramm ist Messlatte für grüne Erfolge in der Koalition - sorgt aber bei Umweltverbänden für Enttäuschung
Als die Grünen im Herbst 2019 überlegten, ob sie nach einem Wahlergebnis von 8,6 Prozent erstmals in Sachsen in eine Regierung eintreten sollten, gab es einige Themen, mit denen die Entscheidung stand oder fiel. Es ging um Bürgerrechte, Kohledörfer, Gleichstellung - und vor allem um Klimaschutz. Dieser müsse zu einem »Markenzeichen« der Koalition mit CDU und SPD werden, sagte Spitzenkandidat Wolfram Günther nach erfolgreicher Aushandlung eines Regierungsvertrags; Klimaschutz und Energiewende »verschieben wir nicht auf morgen, sondern gehen sie heute an«, fügte er an. Der Vertrag, den die Basis mit 93 Prozent billigte, kündigte für 2020 ein Klima- und Energieprogramm (EKP) an, das ein überholtes Vorgängerpapier von 2012 ersetzen sollte. Franziska Schubert, grüne Fraktionschefin im Landtag, nannte es jetzt erneut »einen der wichtigsten Punkte aus dem Koalitionsvertrag«.
Nun liegt das EKP vor - mit fast einem Jahr Verspätung. Der Zeitverzug werde indes vom Ergebnis gerechtfertigt, sagen die Grünen. Von einem »bündnisgrünen Erfolg als Schritt in Richtung konsequenter Klimaschutz« schwärmt Norman Volger, einer der Vorstandssprecher der Partei. Das Papier ebne den Weg für einen »Paradigmenwechsel« im Klimaschutz. Es enthalte, ergänzte der nunmehrige Umweltminister Günther, ambitionierte Ziele, werde für einen geringeren Ausstoß klimaschädlicher Treibhausgasen sorgen und sei ein Beitrag, um die »völkerrechtlich verbindlichen Paris-Ziele« zu erreichen.
Die Opposition reagiert weit weniger euphorisch reagiert. Marco Böhme, Energiepolitiker der Linken, wirft der Regierung vor, den »Status quo nur ein bisschen grün anpinseln« zu wollen. Die AfD warnt vor »riesigen Windkrafttürmen in unseren Wäldern«. Die FDP mahnt, Sachsen könne nicht gleichzeitig CO2-neutral und energieautark sein. Man werde Strom aus Nachbarländern importieren müssen - auch Atomstrom.
Doch auch Umweltverbände, die den Grünen politisch nahe stehen, kommen beim Blick auf deren Herzensvorhaben zu einer deutlich anderen Bewertung als Parteivertreter. Das Ergebnis sei »enttäuschend«, sagt Felix Ekardt, Landesvorsitzender des BUND. Er merkt etwa an, das EKP nenne als Ziel die Begrenzung der Erderwärmung auf »deutlich unter zwei Grad Celsius« an. Damit aber werde das Klimaabkommen von Paris »verletzt«, das eine Grenze von 1,5 Grad gezogen hatte - wie sie zuletzt auch das Bundesverfassungsgericht für verbindlich erklärt hatte. Ekardt war einer der Rechtsvertreter der Klage. Auch an anderer Stelle werde das EKP den Notwendigkeiten nicht gerecht, so wenn es sich um einen aus Klimagründen erforderlichen Kohleausstieg »weit vor 2038« drücke. Dass sich Sachsen weiter zum Kohlekompromiss bekenne, der dieses Datum festschreibt, sei »völkerrechtswidrig und verfassungswidrig«, sagt Ekardt. Freilich: Dieses Bekenntnis war mitentscheidend dafür, dass Sachsens CDU das Bündnis mit den Grünen einging.
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Viel Unzufriedenheit gibt es auch mit Blick auf konkrete Maßnahmen, etwa den Ausbau der Windenergie. Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass allein bis Ende der Legislatur im Jahr 2024 ein zusätzlicher Ausbau von zehn Terawattstunden erfolgen soll, hauptsächlich durch Windräder. Im Energieprogramm ist laut Vereinigung zur Förderung der Nutzung Erneuerbarer Energien (VEE) von zwei Terawattstunden die Rede, was den Neubau von 150 Windkraftanlagen bedinge. Wie das geschehen soll, ist nicht zuletzt angesichts einer ebenfalls jetzt beschlossenen Abstandregelung von 1000 Metern zu Wohnhäusern völlig unklar. Es fehlten »konkrete, nachvollziehbare Maßnahmen und Ideen für verbesserte Rahmenbedingungen«, sagt VEE-Präsident Wolfgang Daniels: »Dieses neue EKP ermöglicht kurzfristig keine einzige zusätzliche Windkraftanlage«.
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Kürzlich hatte bereits der Bundesverband Windenergie einen Bruch des Koalitionsvertrags konstatiert. Um dessen Ziele zu erreichen, müssten jährlich 60 Windräder gebaut werden, sagte Vorstand Martin Maslaton. Für 2021 seien aber nur 18 Anlagen genehmigt worden, 2022 drohe die Stromerzeugung aus Wind gar zu sinken, weil Anlagen vom Netz gingen, deren Förderung endet, und nicht genügend neue Windräder gebaut werden. »Die Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit«, sagte Maslaton, »ist gewaltig.«
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