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Schleichendes Gift für demokratische Gesellschaft

Olaf Bandt über den notwendigen Aufbruch in eine ökologische und sozial gerechte Republik

  • Olaf Bandt
  • Lesedauer: 3 Min.

Für die deutsche Zivilgesellschaft waren es intensive und aufreibende Jahre: Die Auseinandersetzungen im Hambacher und Dannenröder Wald, weltweite Klimastreiks, mehrere Volksentscheide zum Erhalt der Artenvielfalt, Demonstrationen nach den rechten Anschlägen in Halle und Hanau, dem Mord am Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, der Ermordung von George Floyd in den USA, dem Brand im Geflüchtetenlager Moria in Griechenland als Symbol einer gescheiterten europäischen Asylpolitik. Dann kam die Corona-Pandemie, an deren Beginn wir in der Debatte um das erste Konjunkturpaket konkrete Vorschläge für eine gerechtere, gesündere, ökologischere und widerstandsfähigere Gesellschaft gemacht haben. Doch wir wurden nicht gehört.

Bereits zu Beginn der Pandemie haben wir gesagt, dass Klatschen für die systemrelevanten Berufe nicht reicht. Dass es bessere Arbeitsbedingungen und Bezahlung braucht. Aber auch, dass mehr Gehalt allein ebenfalls nicht reicht. Dass es, wie in der Energie- und Landwirtschaft auch, ein bedarfsorientiertes Gesundheits- und Pflegesystem braucht statt Gewinnstreben. Doch erinnern wir uns daran, wofür die Rettungspakete der Bundesregierung stattdessen ausgegeben wurden: für Firmen wie Tui oder die Lufthansa ohne ökologische Auflagen und ohne Schutz der Beschäftigten.

In einer Zeit, in der die Regierung richtigerweise massiv Gelder zur Stabilisierung der Wirtschaft investiert hat, hat sie die Chance zur politischen Gestaltung nicht genutzt. Und das nicht zum ersten Mal: Bereits 2019, im Jahr der Proteste, als in Deutschland 1,4 Millionen Demonstrant*innen für eine ambitionierte Klimapolitik auf der Straße waren, kam von der Bundesregierung aus CDU, CSU und SPD nur ein unambitioniertes Klimapäckchen. Während ein Ruck durch das Land ging, verschlief die Bundesregierung auch hier die Chance zur politischen Gestaltung.

So bleibt nach dieser Legislaturperiode der Eindruck, dass die derzeitige Bundesregierung weder die Klimakrise, das Massenaussterben von Arten noch die sozialen Schieflagen in diesem Land ernst nimmt. Dabei hat die Coronakrise soziale Schwachstellen unserer Gesellschaft brutal offengelegt. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts belegt zudem den fehlenden politischen Willen der Bundesregierung, den ökologischen Umbau unserer Gesellschaft zu gestalten.

Nun drohen uns im Wahlkampf erneut politische Ausweichmanöver. Umweltschutzpolitik droht gegen Sozialpolitik ausgespielt zu werden, um nach der Wahl keine der Krisen angehen zu müssen. Für die besonders von den Krisen Betroffenen sind dieserart politische Taschenspielertricks ein schwerer Schlag. Und für eine lebendige demokratische Gesellschaft sind sie ein schleichendes Gift. Denn wir wissen längst: Wie es ist, darf es nicht bleiben! Was wir im Jahr 2021 brauchen, sind eine ehrliche Bestandsaufnahme und ein Politikstil, der das Notwendige klar benennt. Der Bürger*innen auf diesem Weg mitnimmt, indem ein Austausch über Zielkonflikte erfolgt. Der im Einklang mit den Nachhaltigkeitszielen der Vereinten Nationen den Menschen versichert, dass niemand zurückgelassen wird.

In diesem Sinne haben wir gemeinsam mit dem Paritätischen Gesamtverband eine »Zukunftsagenda für die Vielen« erarbeitet. Wir richten uns mit unseren Forderungen an die demokratischen Parteien und fordern einen Aufbruch in eine ökologische und gerechte Republik. Wir brauchen Menschen in politischer Verantwortung, die die Klimakrise, das Massenaussterben von Arten und die massiven sozialen Schieflagen endlich ernstnehmen und Lösungen präsentieren, die dem Ausmaß dieser Krisen gerecht werden.

In insgesamt neun Politikfeldern haben wir konkrete Forderungen erarbeitet und vorgelegt. Die Parteien können uns ignorieren, im Jahr der Bundestagswahl aber werden am Ende die Wähler*innen entscheiden. Von daher mein dringender Appell an Sie alle: Mischen Sie sich ein und gehen Sie wählen. Lassen Sie uns zusammenverändern.

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