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Die Gesellschaft als Beute
Nicolas Šustr über den Streik bei Gorillas und das Geschäftsmodell Lieferdienst
Die Internetökonomie gilt als Zukunftsbranche. Doch für die Menschen in der Stadt erweist sie sich allzu oft als Dystopie. Allein schon die Arbeitsbedingungen angesichts der ganzen Lieferversprechen. Immer noch profitieren die Unternehmen von dem Image von Freiheit, Abenteuer und ökologischem Bewusstsein, den die in den 1980er Jahren in Deutschland aufkommende Fahrradkurierszene umgab.
Doch selbstbestimmt ist da wenig. Oft lückenlos werden die Fahrerinnen und Fahrer überwacht. Irre knappe Lieferzeiten von nur zehn Minuten nach Bestellung, wie bei Gorillas, sorgen für extremen Stress. Und der nächste Konkurrent, der mit sieben Minuten Lieferzeit wirbt, steht schon in den Startlöchern.
Kein Wunder, dass vor allem Migranten diese Jobs annehmen. Sie haben kaum eine Wahl, oft haben sie keinen Anspruch auf Sozialleistungen. Arbeite oder stirb. Aus der ganzen Welt sind die Teams zusammengewürfelt. Viele scheinen auch nicht sonderlich sicher auf dem Fahrrad zu sein. Damit gefährden sie sich und andere, denn der Zeitdruck lässt sie viel zu häufig auf den Bürgersteig ausweichen. Anwohner der Restaurantmeilen dieser Stadt können ein Lied davon singen.
Für Unternehmen sind Prekarisierte perfekte Ausbeutungskandidaten. Sie mucken kaum auf und kennen oft ihre Rechte nicht oder können sie schlichtweg nicht durchsetzen.
So wenig, wie die Geschäftsmodelle sozial nachhaltig sind, sind sie es auch für die Stadt. Da werden Bürgersteige als Warenlager zweckentfremdet und es wird massiv Verkehr erzeugt, um drei Zimtschnecken im Expresstempo jemandem nach Hause zu liefern.
Den Beschäftigten von Gorillas geht es primär um ihre Arbeitsbedingungen, doch für die Gesellschaft ist das ganze Geschäftsmodell weit darüber hinaus ein Problem.
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