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Daniel Ortega lässt Gegner verhaften
Nicaraguas Justiz geht vor den Wahlen gegen potenzielle Konkurrenten des Präsidenten vor
Cristina Chamorro, Tochter der Ex-Präsidentin Violeta Barrio de Chamorro, war die Erste, ihr Cousin Juan Sebastián Chamorro der vorerst Letzte. Dienstagnacht erfolgte seine Festnahme. Für den im costaricanischen Exil lebenden Bauernvertreter Nemesio Mejía kam das nicht mehr überraschend. Juan Sebastían Chamorro ist bis dato der vierte Verhaftete von einem guten halben Dutzend Kandidaten der Opposition. Alle zogen in Erwägung, am 7. November gegen Amtsinhaber Daniel Ortega in den Präsidentschaftswahlen anzutreten.
Mit jedem Verfahren und jeder Verhaftung der einschlägig bekannten Oppositionellen sinkt die Wahrscheinlichkeit, dass sie wirklich im November gegen den autokratisch agierenden Daniel Ortega und dessen Frau und Vizepräsidentin Rosario Murillo antreten können, meint Mejía. »Daniel Ortega und seine Frau Rosario Murillo haben formell das Recht auf ihrer Seite. Die Gesetze geben ihnen freie Hand - nur sind sie von ihrer herrschenden Clique gegen den Willen der Bevölkerung durchgedrückt worden.« 80 Prozent der nicaraguanischen Bevölkerung sei gegen das mit diktatorischen Mittel regierende Präsidentenpaar, schätzt Mejía. Seit Juli 2018 lebt er im Exil in Costa Rica und koordiniert von dort die Arbeit des Movimiento Campesino, der größten Bauernorganisation Nicaraguas. Die verfügt mit Medardo Mairena auch über einen potenziellen Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen.
Mairena gilt als Kandidat, hinter dem sich die Opposition sammeln könnte. Gemeinsames Auftreten, ein gemeinsames Ziel. »Für uns ist Daniel Ortega ein Krimineller, der eine Diktatur aufgebaut hat, die wir beenden müssen«, so Mejía. Die Präsidentschaftswahlen am 7. November sind dafür die nächste Option, denn die Proteste der Zivilgesellschaft, allen voran der Studenten, habe das Regime Ortega im Sommer 2018 blutig niedergeschlagen. Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International oder Human Rights Watch teilen die Auffassung von Mejía. Die Opposition in Nicaragua sieht sich jedoch nicht nur mit der Repression, sondern auch einer ganzen Armada von Gesetzen konfrontiert, um sie zum Schweigen zu bringen. Zwei Gesetze, beide im Oktober 2020 erlassen, spielen dabei eine wesentliche Rolle: das Gesetz zur Regulierung »ausländischer Agenten« und das Gesetz gegen »Internetkriminalität«. Während das Gesetz gegen Internetkriminalität vor allem die Medien ins Visier nimmt und zum Ziel hat, die Zensur zu institutionalisieren, so Reporter ohne Grenzen, versucht das »Gesetz gegen ausländische Agenten«, Nichtregierungsorganisationen den Mittelzufluss aus dem Ausland zu kappen.
Darunter befindet sich auch die Violeta-Barrios-de-Chamorro-Stiftung für Pressefreiheit, die von Cristina Chamorro geleitet wird. Die Tochter der ehemaligen Präsidentin Nicaraguas (1990-1997) war die Erste, die sich bereit erklärt hat, in den Wahlen am 7. November anzutreten. Die von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe wegen Geldwäsche gegen sie stehen in einem direkten Zusammenhang mit ihrer Kandidatur, ist sich die 67-Jährige sicher. Mittlerweile steht sie unter Hausarrest und das laufende Verfahren gegen sie verbietet ihre Kandidatur. Pikantes historisches Detail dabei ist die Tatsache, dass Daniel Ortega gegen Violeta Barrio de Chamorro im Februar 1990 überraschend die Wahl verlor.
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Im Jahr 2021 scheint Daniel Ortega bei den Präsidentschaftswahlen auf Nummer sicher gehen zu wollen. Deshalb könnte er Justiz und Ordnungskräfte nicht nur gegen Cristina Chamorro, sondern auch gegen andere potenzielle Kandidaten der Opposition in Marsch gesetzt haben. Arturo Cruz, ein Ex-Diplomat, oder Félix Maradiaga, Direktor der Oppositionsbewegung Unidad Nacional Azul y Blanco (UNAB), sind in den vergangenen Tagen ebenfalls vorgeladen und festgenommen worden. Gleiches gilt nun auch für Juan Sebastián Chamorro, Direktor der Bürgerallianz für Gerechtigkeit und Demokratie, und einen Cousin von Cristina Chamorro.
Ortega sei bereit, die Wahlen zu rauben, schrieb dazu der Amerika-Direktor von Human Rights Watch, José Miguel Vivanco, auf Twitter. Das glaubt auch Nemesio Mejía, der auf mehr internationale Unterstützung hofft. Die kam am Mittwoch aus Washington von der Biden-Administration, wo Sanktionen gegen Schlüsselfiguren der Regierung verhängt wurden. Deren Vermögen in den USA wurden eingefroren. Sie seien Komplizen des Ortega-Regimes, erklärte Außenminister Anthony Blinken. Die Trump-Regierung hatte die Ereignisse in Nicaragua in den vergangenen Jahren weitgehend ignoriert.
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