Rekommunalisierung ist machbar

Abgeordnetenhaus stimmt Rückkauf des Berliner Stromnetzes zu

  • Lesedauer: 3 Min.

Nach jahrelangen Diskussionen kommt das Berliner Stromnetz wieder in öffentliche Hand. Das Abgeordnetenhaus hat am Donnerstag mit seiner rot-rot-grünen Mehrheit dem Rückkauf der bisher noch zum Vattenfall-Konzern gehörenden Stromnetz Berlin GmbH zugestimmt. Der Senat, der seit längerem versucht, Privatisierungen der vergangenen Jahrzehnte rückgängig zu machen, hatte das bereits Ende April beschlossen. Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) nannte den Rückkauf des Netzbetreibers mit seinen rund 2,38 Millionen Haushalts- und Gewerbekunden und 35 200 Kilometern Leitungen einen Meilenstein für Berlin.

Aus Sicht der rot-rot-grünen Koalition bietet der Rückkauf Möglichkeiten, bei der Energiepolitik künftig insbesondere auch ökologische Ziele leichter umzusetzen. Der energiepolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Stefan Taschner, sagte im Plenum, der Rückkauf sei ein wichtiges Werkzeug für die Energiewende. Es gehe zwar um hohe Summen, aber die Sache sei es wert, so Taschner, der Mitinitiator des Berliner Energietisches war.

Auch Michael Efler von der Linksfraktion nannte die Abstimmung eine »Entscheidung von historischer Tragweite«. Daseinsvorsorge gehöre in die öffentliche Hand - erst recht, wenn es sich wie beim Stromnetz um ein Monopol handele. »Und ich bin wirklich froh darüber, dass die Gewinne aus dem Stromnetz bald nicht mehr in die Kassen von Vattenfall beziehungsweise in den schwedischen Staatshaushalt fließen, sondern hier in Berlin für Investitionen ins Netz und für die Energiewende zur Verfügung stehen«, so der Energie- und Klimaschutzexperte.

Deutliche Kritik gab es dagegen vonseiten der drei Oppositionsparteien CDU, FDP und AfD: Das Land Berlin bürde sich ein zusätzliches Risiko auf, schließlich könne ein Unternehmen auch Verluste machen, lautete ein Argument - versehen mit dem Hinweis, in dieser Hinsicht gebe es in Berlin genügend Beispiele wie den neuen Hauptstadtflughafen BER. Hinzu komme, dass die Kreditzinsen in den kommenden Jahren steigen könnten, was ein weiteres Risiko für den Landeshaushalt darstelle.

Der Energieriese Vattenfall hatte nach einem jahrelangen Rechtsstreit um die Konzession im Oktober 2020 überraschend angeboten, das Berliner Netz zu verkaufen. Formell war die Konzession der Stromnetz Berlin 2014 ausgelaufen. Das Land hatte den Betrieb bei der anschließenden Ausschreibung an ein staatliches Unternehmen vergeben. Dagegen hatte sich Vattenfall gerichtlich über mehrere Instanzen gewehrt.

Das langjährige Konzessionsverfahren ist nach Angaben der Senatsfinanzverwaltung nun rechtssicher beendet worden. Der reine Kaufpreis liegt bei gut 2,06 Milliarden Euro. Hinzu kämen noch Anschaffungsnebenkosten in Millionenhöhe, etwa Kaufpreiszinsen. Die Kosten sollen über Kredite in Verbindung mit der Übernahme von Landesbürgschaften bezahlt werden.

Nach der Zustimmung des Abgeordnetenhauses ist geplant, das Vattenfall-Angebot am kommenden Mittwoch anzunehmen. Der Kauf soll laut Finanzverwaltung durch die landeseigene Gesellschaft BEN Berlin Energie und Netzholding GmbH erfolgen. Der Stromnetz-Kauf wird nach Angaben der Finanzverwaltung zum 1. Juli »mit wirtschaftlicher Rückwirkung auf den 1. Januar 2021« vollzogen. Das Ergebnis für das Geschäftsjahr 2021 fließe dann bereits vollständig dem Land zu. dpa/nd

Wir-schenken-uns-nichts
Unsere Weihnachtsaktion bringt nicht nur Lesefreude, sondern auch Wärme und Festlichkeit ins Haus. Zum dreimonatigen Probeabo gibt es ein Paar linke Socken von Socken mit Haltung und eine Flasche prickelnden Sekko Soziale – perfekt für eine entspannte Winterzeit. Ein Geschenk, das informiert, wärmt und das Aussteiger-Programm von EXIT-Deutschland unterstützt. Jetzt ein Wir-schenken-uns-nichts-Geschenk bestellen.

Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.

Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.

Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.

Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

- Anzeige -
- Anzeige -