Keine Feiern auf der Insel
Grönlands schwieriges Jubiläum: Nach 300 Jahren Bindung an Dänemark ist das Verhältnis unklar
Es ist nicht nur der längste Tag des Jahres auf der nördlichen Halbkugel, sondern auch der grönländische Nationalfeiertag: der 21. Juni. Im Jahr 1979 übertrug Dänemark den Einwohnern der größten Insel der Welt die Selbstverwaltung, die genau 30 Jahre später in Autonomie umgewandelt wurde. In allen Städten und Siedlungen entlang der West- und Südostküste finden Volksfeste statt.
Dieses Jahr ist es jedoch anders und die grönländischen Politiker - ungeachtet ihrer Parteizugehörigkeit - nutzen den Tag, um ihre Position zu Dänemark zu verdeutlichen. Anlass ist die 300-jährige Wiederkehr der Ankunft des Missionars Hans Egede am 3. Juli 1721, mit der die Herrschaft Dänemarks über Grönland begann. In den folgenden Jahrzehnten wurden die Inuit Untertanen des dänischen Königs und christianisiert. Dänische und grönländische Politiker, Historiker und Staatsrechtler sind sich uneins, ob Grönland eine Kolonie ähnlich den spanischen und englischen Besitzungen in Amerika war oder eher eine Ausdehnung des dänischen Territoriums in die Arktis.
Im Herbst 2020 malten grönländische Aktivisten Egedes Statue in der Hauptstadt Nuuk rot an und verlangten die Entfernung. Eine Mehrheit der Hauptstädter lehnte dies in einer Volksbefragung jedoch ab. Generell etablierte Dänemark bis 1953, als Grönland ein Amtsbezirk Dänemarks wurde, eine paternalistische Politik, die darauf ausgerichtet war, dass das Leben der Inuit so wenig wie möglich von außen beeinflusst wurde. Die darauf folgende Modernisierungspolitik hat Grönland zu einem Sozialstaat gemacht, der finanziell stark abhängig von Dänemark ist und dem trotz großer Anstrengungen immer noch einheimische Fachkräfte fehlen.
Die Bewertung der dänischen Herrschaft ist in Grönland heftig umstritten und reicht von Verdammung bis zu vorsichtigen Danksagungen, behutsam in die Neuzeit geführt worden zu sein. Dass die Eisinsel einmal unabhängig sein soll, wird von den meisten Bewohnern als selbstverständlich angesehen. Die Frage ist nur, welchen Preis man zu zahlen bereit ist. Eine Mehrheit der Grönländer will erst die wirtschaftlichen Grundlagen sichern, bevor man den großen Schritt wagt. Die große Hoffnung ist der Bergbau - darunter Seltene Erden und Uran -, doch die Eingriffe in die Natur einschließlich umfangreicher Verschmutzungen machen diesen umstritten. Die vorzeitigen Wahlen 2021 brachten eine linke Regierung an die Macht, die Umweltschutz, Bergbau, Tourismus und Fischerei in Einklang bringen will.
Wegen der sehr unterschiedlichen Sicht auf Vergangenheit und Zukunft wird die 300-jährige Wiederkehr der Missionierung seitens der dänischen Regierung und der grönländischen Autonomieregierung in den Hintergrund gerückt, um einen Konsens zu finden, wie die (gemeinsame) Zukunft gestaltet werden kann. Die geplanten Mittel für die Feier werden angewandt für die Unterstützung von Inuit-Kunst. In Dänemark wurde eine wissenschaftliche Konferenz durchgeführt, eine kritische Egede-Biografie veröffentlicht und im Fernsehen wird eine Dokumentationsreihe gesendet.
In den nächsten Jahren wird es sich zeigen, welchen Weg die Grönländer einschlagen werden. Heute kann keiner sagen, ob sie noch 30 oder 300 Jahre Teil des dänischen Staatswesens sein werden. Die dänische Regierung ging einen Schritt in Richtung Autonomie, als sie unlängst ankündigte, dass Grönland künftig alle Verträge, die die Insel betrifft, zuerst unterschreibt und dann erst Dänemark als zweiter Partner. Gewiss ein symbolischer Akt, aber wichtiges Zeichen, wer das Sagen hat.
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