Wenn die Grenzen überschritten werden
Meinungsverschiedenheit oder Mobbing?
Im Jahr 2017 hatte die Arbeitgeberin dem Angestellten B. wegen einer erheblichen Anzahl von Krankheitstagen gekündigt. Im Rechtsstreit, der auf die Kündigung folgte, einigten sich die Parteien zwar darauf, das Arbeitsverhältnis fortzusetzen. Nun wies die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer aber eine andere Arbeit zu.
Der Angestellte B. lehnte dieses Angebot aber ab, weil diese Tätigkeit seine Rückenbeschwerden noch verschlimmere. Wiederum einige Monate später klagte der Arbeitnehmer B. über Bauchschmerzen, die er auf einen Unfall, den er am am Arbeitsplatz erlitten hatte, zurückführte.
Die Arbeitgeberin zweifelte an den Beschwerden und behauptete, B. täusche immer wieder Arbeitsunfähigkeit vor. Als er 2019 erneut länger fehlte, stellte die Firma die Entgeltfortzahlung ein und vereinbarte mit dem Mann, das Arbeitsverhältnis einvernehmlich am Ende des Jahres aufzulösen.
Bis dahin ließ sich der Mitarbeiter wieder krankschreiben. 2020 forderte er von der - nun ehemaligen - Arbeitgeberin eine Entschädigung in Höhe von 5000 Euro für Mobbing am Arbeitsplatz,wie er darlegte.
Das Landesarbeitsgericht Hamm (Urteil vom 12. Februar 2021, Az. 1 Sa 1220/20) konnte hier aber kein Mobbing erkennen. Die Richter wiesen die Zahlungsklage ab. Womöglich sei im konkreten Fall die Kündigung nicht gerechtfertigt gewesen, so das LAG. Eventuell habe die Arbeitgeberin ihrem ehemaligen Angestellten auch zu Unrecht vorgeworfen, Krankheiten nur zu simulieren. Doch eine ungerechtfertigte Maßnahme des Arbeitgebers oder Auseinandersetzungen, wie sie in allen Betrieben üblich seien, stellten noch kein Mobbing dar.
Diese Grenze werde erst überschritten, wenn das Verhalten des Arbeitgebers die Würde des Arbeitnehmers verletze - wenn es also darum gehe, einen Arbeitnehmer einzuschüchtern oder zu erniedrigen, wenn er ohne jeden sachlichen Grund ständig angefeindet werde. Das treffe in diesem Fall nicht zu.
Konfliktsituationen, die im Arbeitsleben durchaus üblich seien, begründeten keinen Anspruch auf Entschädigung. Das gelte selbst dann, wenn die Konflikte über eine längere Zeit andauerten. OnlineUrteile.de
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