Revolution unter dem Regenbogen

Marie Frank über die diesjährigen Prides am Christopher Street Day

  • Marie Frank
  • Lesedauer: 2 Min.

Jede Veränderung der gesellschaftlichen Verhältnisse beginnt auf der Straße. Gewinnt die Bewegung an Stärke und wird damit zur Bedrohung des Status quo, so wie es bei der LGBTQI-Bewegung der Fall ist, hat der kapitalistische Staat zwei Möglichkiten: Er macht Zugeständnisse bei einzelnen Forderungen, die das Gesamtsystem nicht gefährden und die Bewegung gleichzeitig schwächen. Gelingt dies nicht, heißt die Antwort: Repression. In autoritären Staaten wie Polen, Ungarn oder der Türkei, in denen die Unterdrückung mit religiösen Werten begründet wird, ist eine Integration der queeren Community schwer umzusetzen. Die Machthabenden reagieren also mit aller Gewalt gegen die Menschen, die alljährlich am Christopher Street Day (CSD) auf die Straße gehen und für Gleichberechtigung demonstrieren. Damit offenbaren sie ihre eigene Schwäche, denn die Gewalt ist nichts anderes als der Ausdruck blanker Angst vor einem Systemwandel.

In Deutschland ist der CSD schon lange zu einem Aushängeschild für kapitalistische Unternehmen und Staatsdiener*innen geworden, die mit Pinkwashing ihr Image aufpolieren wollen, ohne an den grundlegenden ungleichen Verhältnissen etwas zu ändern. Dass sich die queere Community in Berlin in diesem Jahr damit nicht zufrieden geben wollte und auf unkommerziellen Prides ihre politischen Forderungen zu Tausenden auf die Straße getragen hat, ist ein Fortschritt. Denn auch hierzulande gibt es noch einiges in Sachen Gleichberechtigung zu tun, etwa beim Arbeitsrecht der Kirche oder der ungleichen Bezahlung. Wer jedoch wirklich etwas an den ungerechten Verhältnissen ändern will, darf dabei nicht stehen bleiben. Denn wer Gerechtigkeit will, muss das ausbeuterische System als Ganzes bekämpfen, alles andere ist nur regenbogenfarbene Augenwischerei.

Werde Mitglied der nd.Genossenschaft!
Seit dem 1. Januar 2022 wird das »nd« als unabhängige linke Zeitung herausgeben, welche der Belegschaft und den Leser*innen gehört. Sei dabei und unterstütze als Genossenschaftsmitglied Medienvielfalt und sichtbare linke Positionen. Jetzt die Beitrittserklärung ausfüllen.
Mehr Infos auf www.dasnd.de/genossenschaft

Das »nd« bleibt gefährdet

Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!

Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:


→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.

Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.

Vielen Dank!