- Kommentare
- IG Metall
Um gute Arbeit kämpfen
Claudia Krieg sieht im IG-Metall-Tarif ein Signal für jeden Arbeitskampf
Es ist ein gewerkschaftlicher Erfolg, der sich auch so nennen darf. Aber er hat zugleich einen bitteren Beigeschmack. Denn die mit der Tarifvereinbarung erfolgte Angleichung der Arbeitsbedingungen, die die IG Metall erstritten hat, zeigt noch einmal, wie stark die Benachteiligung von Arbeiter*innen im Osten seit 1990 tatsächlich war.
Die Angleichung an das kapitalistische System sah eine Angleichung an gewerkschaftlich errungene Standards wie die 35-Stunden-Woche einfach nicht vor. Außerdem kämpften die Arbeiter*innen im Osten im Zuge der offenkundigen Ausbeutung der industriellen Landschaft zumeist gleich für den Erhalt ihrer Betriebe und nicht unbedingt »nur« für eine Verbesserung von Arbeitsbedingungen.
Erfolg hatten sie trotz ihrer Verzweiflung und verzweifelter Mittel wie Hungerstreiks und Besetzungen auch dabei so gut wie nie – und mussten zusehen, wie man die qualitativ sehr unterschiedliche Infrastruktur der Betriebe im Osten wahlweise ausbluten ließ oder bis zur Unkenntlichkeit transformierte.
Der massive Abbau von Arbeitsplätzen, Werkschließungen und die damit verbundenen Identitätseinbrüche für Hunderttausende Menschen schufen beste Voraussetzungen für eine Situation, in der harte Arbeitskämpfe auf lange Zeit selten zu erwarten waren.
Die unermüdlichen Betriebsräte der IG Metall und auch anderer Gewerkschaften können davon ein Lied singen. Aber es ist eine jüngere Generation, die sich die alten Ungerechtigkeiten nicht mehr gefallen lassen will, die in den vergangenen Monaten nun auch »die Alten« selbst noch einmal mitgezogen hat mit Warnstreiks und Kundgebungen.
Davon kann ein Signal ausgehen – und zwar ohne dass dabei Ressentiments bedient werden müssen, wie es die rechte AfD mit ihrer »Wende 2.0«-Rhetorik freuen würde. Denn hier kämpfen nicht Ost-Opfer gegen ein politisches Establishment oder sonst welche Verschwörungen, hier kämpfen solidarische Arbeiter*innen für ihre Belegschaften, ihre Zukunft und ihre Gesundheit.
In der neuen App »nd.Digital« lesen Sie alle Ausgaben des »nd« ganz bequem online und offline. Die App ist frei von Werbung und ohne Tracking. Sie ist verfügbar für iOS (zum Download im Apple-Store), Android (zum Download im Google Play Store) und als Web-Version im Browser (zur Web-Version). Weitere Hinweise und FAQs auf dasnd.de/digital.
Das »nd« bleibt gefährdet
Mit deiner Hilfe hat sich das »nd« zukunftsfähig aufgestellt. Dafür sagen wir danke. Und trotzdem haben wir schlechte Nachrichten. In Zeiten wie diesen bleibt eine linke Zeitung wie unsere gefährdet. Auch wenn die wirtschaftliche Entwicklung nach oben zeigt, besteht eine niedrige, sechsstellige Lücke zum Jahresende. Dein Beitrag ermöglicht uns zu recherchieren, zu schreiben und zu publizieren. Zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit deiner Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Sei Teil der solidarischen Finanzierung und unterstütze das »nd« mit einem Beitrag deiner Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.
Vielen Dank!