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Eine halbe Million für die FDP
Unternehmergruppe spendet kurz vor der Bundestagswahl an die Freien Demokraten
Zehn Startup-Unternehmer haben die FDP mit einer gemeinsamen großzügigen Parteispende bedacht. Sie überwiesen eine halbe Million Euro an die Freien Demokraten. Die Gruppe um den Investor und Autor Frank Thelen erklärte in einer Pressemitteilung vom Donnerstag, »dass eine Regierungsbeteiligung der FDP die Innovationskraft der deutschen Wirtschaft nachhaltig stärken würde«. Am Vortag hatte Thelen im Kurznachrichtendienst Twitter vor einer möglichen grün-rot-roten Bundesregierung nach der Wahl im September gewarnt. Diese hätte »verheerende Folgen« für den Standort Deutschland, ohne damit den weltweiten Klimaschutz voranzubringen: »Die Grünen retten unseren Planeten leider nicht«, behauptete Thelen.
Neben Thelen gehören zur Gruppe der Spender auch der Gründer der Tourismus-Website GetYourGuide, Tao Tao, sowie der Gründer der Versicherungsplattform Wefox, Julian Teicke. Thelen warb ausdrücklich für eine Bundesregierung aus Union und den Freien Demokraten. Notwendig sei eine wirtschaftsfreundliche Politik, die »unser Klima und unsere Ressourcen schützt und dabei trotzdem die Realität nicht aus den Augen verliert«.
In Teilen des neoliberalen Lagers werden immer wieder Vorbehalte gegen die Grünen geäußert, nicht nur von Thelen und seinen Mitstreitern. So hatten vor einigen Wochen Lobbyisten der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft versucht, die Grünen als »Verbotspartei« zu brandmarken. Die INSM hatte entsprechende Anzeigen in Tageszeitungen und auf Websites deutscher Medien mit einem entsprechenden Inhalt geschaltet. Die Lobbyisten-Initiative wird von den Unternehmerverbänden der Metall- und Elektro-Industrie finanziert.
Dabei hatte ein Faktencheck der Nachrichtenagentur dpa belegt, dass viele Behauptungen der INSM falsch waren. So wollen die Grünen den Menschen nicht verbieten, ein Auto mit Verbrennermotor zu fahren. Vielmehr soll es laut Wahlprogramm ab dem Jahr 2030 keine Neuzulassungen für Autos mit Verbrennungsmotor mehr geben.
Die Grünen sehen die Großkonzerne grundsätzlich nicht als Gegner, sondern wollen in einen Dialog mit ihnen treten. In diesem Bereich haben sie mittlerweile auch einige Freunde gewonnen. So hat der Siemens-Chef Joe Kaeser vor einigen Wochen für die Kanzlerkandidatin der Grünen, Annalena Baerbock, geworben. Er habe die Parteivorsitzende als eine Person kennengelernt, die auf die Wirtschaft zugehe, zuhöre und sich »unglaublich schnell« auch in traditionelle Industriethemen wie Stahl, Chemie oder Energietechnik einarbeite und nach wirtschaftlichen und nachhaltigen Lösungen suche, sagte Kaeser gegenüber der »Süddeutschen Zeitung«.
Im Unternehmerlager wird seit Jahren auch Geld an die Grünen gespendet. So überwies Florian Rehm, Aktionär bei Mast-Jägermeister, im Juni dieses Jahres 50 001 Euro an die Grünen. Die CDU erhielt von ihm 50 000,01 und die FDP 70 000 Euro. Das auf Vermögensverwaltung spezialisierte deutsche Finanzdienstleistungsinstitut Flossbach von Storch AG ließ den Grünen kürzlich 68 548 Euro zukommen, der FDP 431 452 Euro.
Parteien müssen Spenden ab 50 000 Euro beim Bundestagspräsidenten anzeigen. Sie haben keinen guten Ruf. Denn die Spender stehen oft im Verdacht, dass sie sich für ihre finanziellen Gefälligkeiten nach der Wahl eine Gegenleistung von den Parteien erhoffen. Kurz vor der Bundestagswahl greifen sie nun tief in die Tasche. Davon profitieren vor allem CDU und FDP, die dadurch gegenüber anderen Parteien einen Vorteil im Wahlkampf genießen. Sie können mehr Geld in ihre politischen Kampagnen stecken. Die jüngsten Zahlen zeigen allerdings, dass man sich in den Chefetagen so mancher Unternehmen auch einiges von den Grünen erhofft, wenn sie Teil der Bundesregierung werden sollten. Das ist nach den Umfragen nicht ausgeschlossen. Die Grünen stehen weiterhin bei rund 20 Prozent und sind ein möglicher Koalitionspartner der Union unter Führung des CDU-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten Armin Laschet.
Frank Thelen gehört nicht zu denjenigen, die sich von den Grünen etwas erhoffen. Er setzt auf Schwarz-Gelb. Damit verbindet er offensichtlich auch die Hoffnung auf das, was Unternehmensführer gerne Bürokratieabbau nennen, aber oft dazu führt, dass sinnvolle Auflagen für sie wegfallen. Er hatte sich in der jüngeren Vergangenheit auch negativ über Betriebsräte in Start-ups geäußert. Nachdem die Berliner SPD vor einiger Zeit vorgeschlagen hatte, künftig nur noch Start-ups mit Betriebsrat durch Fördermittel zu unterstützen, hatte Thelen von »Populismus« gesprochen. Leute wie der frühere Verdi-Chef Frank Bsirske, der für die Grünen in den Bundestag will, dürfte für Thelen kein angemessener Gesprächspartner beim Thema Arbeiterrechte, sondern ein rotes Tuch sein.
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