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Der Bund versagt beim Bauen
In der laufenden Legislaturperiode ließ die große Koalition lediglich 50 Wohnungen errichten
Bundesbauminister Horst Seehofer ist bekanntlich kein Freund von Initiativen wie »Deutsche Wohnen & Co enteignen«. »Durch die Vergesellschaftung von Wohnungsbeständen werden keine neuen Wohnungen geschaffen«, ließ der CSU-Politiker etwa im April 2019 durch sein Ministerium mitteilen. Eine solche Maßnahme würde zum einen private Investoren verunsichern und zum anderen den finanziellen Spielraum von Kommunen sowie kommunalen Wohnungsunternehmen für Neubauvorhaben drastisch reduzieren.
Die von der Bundesregierung ausgegebene Devise ist »Bauen, Bauen, Bauen«. Dazu versprachen Union und SPD im Koalitionsvertrag: »Wir wollen erreichen, dass 1,5 Millionen Wohnungen und Eigenheime frei finanziert und öffentlich gefördert gebaut werden.« Eigentlich könnte der Bund aber auch selber als Bauherr tätig werden - und dies wiederholt versprochen: Erst im März kündigte die Bundesregierung die Schaffung 3000 neuer Wohnungen bis 2024 an.
Zuvor hatte die Regierung bereits beim Wohnungsbaugipfel im September 2018 stolz verkündet, wieder selbst als Bauherr aufzutreten, um bezahlbare Wohnungen für seine rund fünf Millionen Bediensteten zu schaffen. Schließlich versprachen SPD und Union im Koalitionsvertrag: »Der Bund nimmt für seine Beschäftigten insbesondere in Gebieten mit angespannten Wohnungsmärkten die Wohnungsfürsorge verstärkt wahr.«
Doch die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der Linken-Bundestagsabgeordneten Caren Lay, die »nd.derTag« vorlegt, zeigt: Die eigene Bautätigkeit in der zu Ende gehenden Legislaturperiode war äußerst gering. Demnach hat der Bund lediglich 50 neue Wohnungen geschaffen. Dabei handelt es sich auch nicht um neue Gebäude, sondern um Nachverdichtungen, Komplettsanierungen und Dachgeschossaufbauten. Sozialwohnungen wurden keine gebaut. Damit bleibt der Bund deutlich hinter den Ankündigungen zurück.
»50 neue Wohnungen durch den Bund in vier Jahren ist peinlich für eine Regierung, die das Mantra des ›Bauen, Bauen, Bauen‹ predigt«, kommentiert Linke-Mieten- und Wohnungsbauexpertin Lay die Zahlen. Der Bund habe vor knapp zwei Jahren die Schaffung 90 eigener neuer Wohnungen versprochen, doch selbst dieses unambitionierte Ziel um fast die Hälfte verfehlt.
»Wer permanent auf die Länder zeigt, sollte selbst mit gutem Beispiel vorangehen«, sagt Lay dazu. »Der Bund muss endlich wieder selbst bauen, anstatt die Schuld für mangelnden Wohnraum bei anderen zu suchen.« Für die Linken-Politikerin hat die große Koalition damit sowohl beim Mieterschutz als auch beim Wohnungsbau versagt.
Vor allem Geringverdienende in Großstädten leiden unter der Mietenexplosion. Wie eine Studie der gewerkschaftsnahen Hans-Böckler-Stiftung zeigt, müssen Großstädter*innen, die unterhalb der Armutsgrenze leben, besonders viel Geld fürs Wohnen ausgeben, obwohl sie im Schnitt spürbar weniger Wohnraum in älteren und schlechter ausgestatteten Wohnungen zur Verfügung haben als der Durchschnitt. So liegt bei ihnen der Anteil der Mietkosten am Einkommen im Mittel bei rund 46 Prozent, während es bei allen Großstadt-Mieter*innen insgesamt 29,8 Prozent sind.
Neuer, günstiger Wohnraum könnte da Abhilfe schaffen. Auch da versprach die schwarz-rote Koalition in ihrem Koalitionsvertrag viel: »Der soziale Wohnungsbau muss mindestens auf heutigem Niveau und langfristig verstetigt werden.« Dafür sei es erforderlich, dass der Bund auch in Zukunft gemeinsam mit den Ländern Verantwortung für die soziale Wohnraumförderung übernehmen könne. Doch auch hier ist das Ergebnis des Faktenchecks äußerst ernüchternd: Wie die Funke-Mediengruppe unter Berufung auf die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der Grünen berichtete, geht der Bestand der Sozialwohnungen weiter zurück: Demnach gab es im vergangenen Jahr unterm Strich 26 339 Wohnungen mit Sozialbindung weniger als im Jahr davor. Damit fielen täglich rund 72 Wohnungen aus der Sozialbindung. Besonders dramatisch war der Rückgang in Mecklenburg-Vorpommern, wo sich der Sozialwohnungsbestand um über 30 Prozent auf 3402 Wohnungen reduzierte. In absoluten Zahlen ausgedrückt, verzeichnete Niedersachsen das größte Minus mit 7070 Sozialwohnungen weniger als 2019. Und auch in Rheinland-Pfalz (minus 6180), Nordrhein-Westfalen (minus 5121) und Brandenburg (minus 4959) sank der Sozialwohnungsbestand deutlich.
Es gab aber auch Positivbeispiele. Baden-Württemberg, Hamburg, das Saarland, Sachsen und Thüringen vergrößerten ihre Bestände. Insgesamt gab es bundesweit vergangenes Jahr noch knapp 1,13 Millionen Sozialwohnungen.
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