- Kommentare
- Corona-Notbremse
Himmelfahrtskommando Delta
Ulrike Wagener kritisiert die ausbleibende Corona-Notbremse
Es ist bizarr: 65 000 Menschen schauten sich das Halbfinale der Fußballeuropameisterschaft der Männer am Mittwoch im Londoner Wembley-Stadion an. Am selben Tag wurden in Großbritannien 32 548 Menschen positiv auf das Corona-Virus getestet. Statt nun alles abzusagen, wird das Stadion auch zum Finale am Sonntag zu 75 Prozent gefüllt sein, und Premierminister Boris Johnson hält auch jenseits des Profifußballs an Lockerungen fest.
Was wie ein Himmelfahrtskommando klingt, ist ein Ausdruck jenes westlichen Überlegenheitsgefühls, das auch hierzulande Expert*innen von einem Leben »nach der Pandemie« zu sprechen verleitete, als im südlichen Afrika die Zahlen explodierten und in Indien Leichen auf den Straßen verbrannt wurden. Und als man längst ahnte, dass die vorhandenen Impfstoffe gegen die Delta-Variante nicht in gleichem Maße schützen wie gegen Alpha.
Genauso wie zu Beginn des letzten Jahres, als wir uns – fälschlicherweise – in sicherer Entfernung vom chinesischen Wuhan wähnten, wird nun erneut Politik anhand von Wunschdenken gemacht. Ausbaden müssen es nicht große Konzerne wie Amazon oder eben die Uefa, sondern die Menschen – und jene kleinen Unternehmer*innen, die bei vergleichbaren Infektionszahlen im letzten Jahr in Großbritannien längst im Lockdown waren.
Das »nd« bleibt. Dank Ihnen.
Die nd.Genossenschaft gehört unseren Leser*innen und Autor*innen. Mit der Genossenschaft garantieren wir die Unabhängigkeit unserer Redaktion und versuchen, allen unsere Texte zugänglich zu machen – auch wenn sie kein Geld haben, unsere Arbeit mitzufinanzieren.
Wir haben aus Überzeugung keine harte Paywall auf der Website. Das heißt aber auch, dass wir alle, die einen Beitrag leisten können, immer wieder darum bitten müssen, unseren Journalismus von links mitzufinanzieren. Das kostet Nerven, und zwar nicht nur unseren Leser*innen, auch unseren Autor*innen wird das ab und zu zu viel.
Dennoch: Nur zusammen können wir linke Standpunkte verteidigen!
Mit Ihrer Unterstützung können wir weiterhin:
→ Unabhängige und kritische Berichterstattung bieten.
→ Themen abdecken, die anderswo übersehen werden.
→ Eine Plattform für vielfältige und marginalisierte Stimmen schaffen.
→ Gegen Falschinformationen und Hassrede anschreiben.
→ Gesellschaftliche Debatten von links begleiten und vertiefen.
Seien Sie ein Teil der solidarischen Finanzierung und unterstützen Sie das »nd« mit einem Beitrag Ihrer Wahl. Gemeinsam können wir eine Medienlandschaft schaffen, die unabhängig, kritisch und zugänglich für alle ist.